Bundesweiter Vorlesetag Buchläden zwischen Weihnachtsgeschäft und Verunsicherung

Krefeld · Ganz Deutschland feiert am Freitag den Vorlesetag. Entdecken die Krefelder in der Pandemie-Zeit das Buch wieder? Die WZ fragte bei Buchhandlungen nach.

Vorlesebücher laufen bei Linda Smentoch im Traarer Buchladen „Pappschachtel“ derzeit besonders gut.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Am Freitag ist Vorlesetag. Am 20. November feiert ganz Deutschland, also bundesweit, die Freuden des sich gegenseitig aus Büchern Vorlesens. Wegen der Pandemie allerdings eher gehäuft auf digitalem Wege, denn Veranstaltungen, welcher Art auch immer, sind wegen Corona derzeit nicht möglich. Doch auf diese oder jene Weise, sei es auch nur innerhalb von Klassen oder in einer Kita, finden Menschen Wege, um den Vorlesetag zu begehen.

Dennoch, das Vorlesen zu Hause, in der Familie, wo es geht, ist vielleicht immer noch möglich. Wer aber vorlesen will, braucht im Normalfall Bücher; es sei denn, man gibt sich mit digitalem Ersatz zufrieden. Aber für sehr viele Menschen ist ein Buch immer noch ein Buch, in dem man blättern kann, das ein Antlitz, einen Charakter, eine eigene Stimmung hat, das mit der Zeit altert und das man ja nicht nach dem Umschlag beurteilen sollte, wie man es auch bei Menschen nicht tun darf. Und wo kauft man Bücher? In Buchhandlungen – wie geht es diesen eigentlich derzeit? Wie ist die Stimmung?

Händlerin übernahm Buchhandlung im Lockdown

Wir hatten im April Linda Smentoch vorgestellt, die am Traarer Rathausmarkt – mitten in der Krise – die Buchhandlung Pappschachtel übernommen hatte. Gute Gelegenheit, sie mal nach einer ersten Bilanz zu fragen. Wie ist die Stimmung, trotz Corona-Lage, fragen wir sie. „Ich bin sehr zufrieden“, resümiert die Buchhändlerin, die den Laden just am 1. April übernommen hatte und zu der Zeit gar nicht öffnen durfte. Doch habe es rege Bestellungen gegeben. Online oder am Telefon. Zwischenzeitlich habe sie sogar schneller liefern können als Online-Händler, die im ersten Lockdown anders priorisierten. Und ohnehin läuft der Buchhandel offenbar trotz oder vielleicht in manchen Aspekten auch wegen der Krise sehr gut.

„Viele haben sich darauf besonnen, vor Ort ganz lokal einzukaufen“, erklärt Smentoch. Viele würden dann eher nicht in die Stadt gehen, sondern lieber im Viertel bleiben. Wohl auch deshalb habe sich ihr Laden sehr gut entwickelt, beschreibt sie die Lage. Und berichtet just, dass Vorlesebücher sehr gut laufen würden. Erleben wir vielleicht eine Renaissance des Vorlesens?

Offenbar ist angesichts der oft veränderten Lebenswirklichkeit vieler Familien das Vorlesen für viele noch wichtiger geworden. Vielleicht auch, weil andere Beschäftigungen, Programme oder Hobbys wegen Corona ruhen müssen, liefen auch weitere Produkte sehr gut. Dazu zählen: Puzzle, Spiele und Co. Also alles, was sich gemeinsam zu Hause mit der Familie nutzen lässt, um gemütliche Abende mit ein wenig kulturvoller Unterhaltung zu füllen.

Und es gibt noch ein weiteres Phänomen zu berichten, wie auch seitens des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels erklärt wird. Das Weihnachtsgeschäft hat schon begonnen; viele Menschen würden schon jetzt mehr Bücher kaufen. Auch die Zahlen des Börsenvereins bestätigen: Kinder- und Jugendbücher werden im Vergleich zum Vorjahr mehr verkauft (Umsatzsteigerung von Januar bis Oktober 2020 mit knapp sieben Prozent über dem Vorjahr). Alle anderen Segmente auf allen Vertriebswegen, selbst die Belletristik mit einem Minus von etwas mehr als zwei Prozent, mussten übrigens im Vergleich zum Vorjahr zurückstecken. Das überrascht etwas. Dagegen erwartbar: Reisebücher fallen tief. Ein Minus von 25 Prozent.

Man muss im Blick haben, dass im Vergleich zu 2019 Buchhandlungen einen Umsatzrückgang in den Monaten März und April von 20 und im April sogar 33 Prozent verzeichnen mussten. Gab es im Sommer dann auch einen kurzzeitigen Aufschwung von rund zwölf Prozent im Juni. Aber das sind Zahlen. Menschen sind diejenigen, die eine Buchhandlung lebendig machen. Sowohl auf der Seite des Buchhändlers als auch auf der Seite der Buchkäufer. „Es wird viel gelesen“, sagt Smentoch. Die 29-Jährige weiß, dass ihre Kunden die persönliche Beratung sehr schätzen.

Von der Buchhandlung Mennenöh an der Rheinstraße gibt es übrigens eine etwas gemischtere Einschätzung. Es herrsche eine gewisse Verunsicherung, heißt es, weil man nicht genau wisse, wie es weitergehe. Und durch die Corona-Situation habe sich auch die Art der Kundenbetreuung ändern müssen. Auf Veranstaltungen im Rahmen einer Buchhandlung muss ohnehin derzeit verzichtet werden, sagen die Mennenöhs. Grundsätzlich merke man, dass Kundschaft gezielter kaufe und man sei, betont man, gespannt auf das Weihnachtsgeschäft. Übereinstimmend berichten die Buchhändler von der Rheinstraße aber auch, dass vor allem im Lockdown Waren, die zur Unterhaltung von Kindern dienen, besonders gefragt gewesen sind. Trotz der Lage sei man aber „vorsichtig optimistisch.“ Immerhin gehe es der Buchbranche noch recht gut im Vergleich.

Zurück zum Vorlesen: „Jedes Jahr am dritten Freitag im November setzt der Aktionstag ein öffentliches Zeichen für die Bedeutung des Vorlesens und begeistert Kinder und Erwachsene für Geschichten“, heißt es auf der Webseite des bundesweiten Vorlesetags. Mitmachen ist ganz einfach: Jeder, der Spaß am Vorlesen hat, schnappt sich eine Geschichte und liest anderen etwas vor, heißt es.

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