Der Tod von Michael Klein - Als Krefeld der Atem stockt
Vor 25 Jahren erschüttert der Tod von Michael Klein im Training bei Bayer 05 Uerdingen ganz Fußball-Deutschland.
In seiner Heimat verehrt wie ein Popstar, von seinen Kollegen auch hierzulande hoch geschätzt. Freundlich und trainingsfleißig. Ein Musterprofi. Vor 25 Jahren hörte das Herz des rumänischen Fußballspielers Michael Klein während des Trainings auf zu schlagen. Der Mann aus der Provinz Siebenbürgen kollabierte vor den Augen seiner Mitspieler des FC Bayer 05 Uerdingen am Nachmittag des 2. Februar 1993, wenig später verstarb er im Krankenhaus. Eine große Tragik im Fußballalltag. Klein wurde nur 33 Jahre alt. 35 Erstligaspiele und 29 Zweitligaspiele bestritt er für die Krefelder.
Die Mannschaft von Trainer Friedhelm Funkel war gerade erst aus dem Trainingslager an der Algarve aus Portugal zurückgekehrt. Die ersten Einheiten am Löschenhofweg standen an. Zweieinhalb Wochen vor dem Rückrundenstart bei den Münchner Bayern. Es ist der letzte Tag im Leben des Michael Klein. Ein halbstündiger Dauerlauf. Eigentlich eine Routine für einen Fußballprofi wie ihn. Zu viel allerdings an diesem Mittag für sein Herz.
Dabei sei er noch bester Stimmung gewesen, wird später erzählt. Hinüber ging es in die Judohalle. Dehnübungen mit Assistenztrainer Armin Reutershahn. Dann beginnt das Drama. Klein fängt an zu röcheln, versucht, schnell durch die Nase zu atmen. Er kollabiert. Da ist es 15.56 Uhr. Physiotherapeut Jürgen Dolls eilt herbei, unternimmt erste Hilfsmaßnahmen, kein Erfolg. Doch noch atmet Klein. Der Notarzt trifft um kurz nach vier ein, versucht, eine halbe Stunde vor Ort mit manueller und elektronischer Herzmassage den Rumänen zu retten. Es geht ins Uerdinger St. Josefs-Hospital. Die Spieler sitzen geschockt in der Kabine, Trainer Funkel schickt sie nach Hause, fährt mit ins Krankenhaus, zusammen mit Geschäftsführer Edgar Geenen und Co-Trainer Reutershahn.
Es ist ein fast 90-minütiger Kampf um ein Leben, der nicht mehr zu gewinnen ist. Die Dauer eines Fußballspiels. Um 17.25 Uhr erklären die Ärzte Klein für tot — das Herz hat endgültig aufgehört zu schlagen. Es ist kurz vor Sonnenuntergang. Die Familie, seine Frau Adriana und seine 18-Monate alte Tochter Dominique, ahnen noch nichts. Sie waren nach Rumänien gereist, um Kleins Vater zu besuchen, dem es schlecht ging. Der Leverkusen-Profi und Klein-Freund Ioan Lupescu schaltet sich ein, informiert die Familie. Ein schwarzer Tag geht für den FC Bayer Uerdingen zu Ende. Funkel sagt damals über den plötzlichen Tod: „Das ist für mich unfassbar.“
Die genaue Ursache wird erst in den Folgetagen bekannt: Herz- und Kreislaufversagen im Zusammenhang mit einem Infekt in der Lunge. Die Spieler treffen sich am Tag danach, Mittwoch, 3. Februar, zu einem stillen Gedenken auf dem Trainingsplatz. Nach Fußball steht noch keinem der Sinn. Auf der Pressekonferenz steht der Schock und die Trauer allen ins Gesicht geschrieben. Sieben Kamerateams surren, ganz Fußball-Deutschland blickt an diesem Tag auf Uerdingen. Funkel ist da, Co-Trainer Reutehrhahn, Physiotherapeut Dolls, Geschäftsführer Geenen, Mannschaftsarzt Dietmar Alf. Die Kapitäne Heiko Peschke und Bernd Dreher. Die Blicke sind leer. Niemand kann fassen, was da am Tag zuvor passiert ist. Schwermut liegt über der Szene. Man kann in den Gesichtern alles lesen.
Für den neuen Vorsitzenden des FC Bayer, Manfred Gallus, wird es die erste öffentliche Erklärung in seinem Amt. Und dann dieser Anlass. Für Funkel war Klein immer ein „vorbildlicher Mannschaftssportler, den ich gerne im Kader hatte“, sagte der Coach damals auf der Pressekonferenz. Für Heiko Peschke „ein untadeliger Profi, der stets um optimale Leistung bemüht war und durch sein Verhalten eine Vorbildfunktion zeigte.“
Ehefrau Adriana und die Tochter kehren aus Rumänien zurück. Der Abschied rückt näher. Das Training wird wieder aufgenommen. Im Test geht es am Freitag, 5. Februar, gegen den südkoreanischen Erstligisten Danwoo Royal, auch der Ablenkung willen. Am Abend erscheinen auf der Trauerfeier in der Michaelskirche in Uerdingen auch viele Fans und Freunde des Verstorbenen. Lupescu ist gekommen, auch Spielerberater Wolfgang Fahrian, der Klein 1990 von Dinamo Bukarest nach Uerdingen geholt hatte. Klein wird aufgebahrt. Rote Rosen zieren den Eichensarg. Daneben bilden Spieler ein Spalier — Helmut Rahner, Heiko Peschke, Bernd Dreher, Alexander Kutschera, Sergej Gorlukowitsch, Thomas Adler. Tränen fließen, teils offen, teils heimlich, wie die WZ schrieb, als die Mannschaft ihren toten Mitspieler zum Leichenwagen begleitet und ihm noch in stiller Anteilnahme lange hinterher sieht.
Klein wurde am Tag darauf zurück in seine Heimat gebracht. Dort, wo er verehrt wurde wie ein Popstar, der 81-fache Nationalspieler, der WM- und EM-Fahrer von 1984 und 1990. Staatspräsident Ion Iliescu ordnete für den Montag ein Staatsbegräbnis an. Bis zu 30 000 Menschen erwiesen Klein die letzte Ehre. Noch heute gibt es am Stadion seines Heimatvereins Corvinul Hunedoara in der Stadt Eisenmarkt eine Statue von ihm. Fans legen noch immer dort jedes Jahr Blumen nieder. Er ist nicht vergessen. Das Club-Stadion trägt heute seinen Namen.