Der Zoll kassiert Geschenke ein
Der Internethandel floriert. Die Einfuhren von gefälschten oder gefährlichen Waren auch. Die Beamten haben deshalb vor Heiligabend richtig viel Arbeit.
Krefeld. Michael Maslinski und seine Mitarbeiter werden drei Kreuze machen, wenn auch in diesem Jahr das Weihnachtsgeschäft überstanden ist. Denn die Zeit vor Heiligabend ist regelmäßig die anstrengendste des ganzen Jahres im Zollamt in Uerdingen. Der Arbeitsaufwand ist enorm. Täglich kommen dutzende Päckchen, Pakete und Briefsendungen in dem altehrwürdigen Gebäude am Rhein an. „Das geht schon im November los“, berichtet der Leiter des Zollamtes. Zwischen November und Januar sind es 500 bis 600 Postsendungen pro Monat und damit fast doppelt so viele wie in den restlichen Monaten.
Alles müsse von den Zollmitarbeitern angeschaut, geprüft und gegebenenfalls an die Marktüberwachung in Düsseldorf weitergeleitet werden. „Wir kontrollieren auf Produktsicherheit, Markenschutz und Gesundheitsrisiken“, fasst Michael Maslinski grob zusammen, worauf er und seine Mitarbeiter bei der Einfuhr achten.
Im Detail sind die Aufgaben jedoch viel komplexer. Hunderte Seiten an Vorschriften, regelmäßig erneuerte Markenrechte und gerade vor Weihnachten sehr emotionale Paketbesteller gehören zum Alltag der Zollmitarbeiter. Die Sorge, die Weihnachtsgeschenke nicht rechtzeitig oder gar nicht zu bekommen, ist bei vielen groß. Den Frust darüber bekommen die Mitarbeiter des Zollamtes nicht selten unverblümt an den Kopf geworfen. „Es gab auch schon Fälle, in denen ich die Polizei rufen musste“, sagt der Zollamtsleiter und ergänzt: „Dabei sind wir es gar nicht, die die Vorschriften machen, wir müssen uns aber an sie halten. Viele verstehen nicht, dass es bei der Einfuhr von Waren Regeln gibt.“ Auch als die WZ in der vergangenen Woche zu Besuch Am Zollhof ist, gibt es morgens eine brenzlige Situation.
Ein Mann hat kiloweise Fleisch aus seinem Heimatland in Afrika übers Internet bestellt. „Das Fleisch ist im Netz oftmals viel günstiger als beim afrikanischen Supermarkt um die Ecke, deshalb werden die Menschen verleitet, es zu bestellen“, berichtet Maslinski. Das Fleisch ist notdürftig in schwarze Folie eingepackt und mit Klebeband umwickelt. Doch gerade für die Einfuhr von tierischen Lebensmitteln aus Nicht-EU-Ländern gelten strenge Einfuhrregeln. Werden diese nicht eingehalten, wird die Ware fast immer zerstört. „Die Reaktion der Betroffenen, die solche Lebensmittel oft für traditionelle Essen und damit einen bestimmten Termin bestellen, können Sie sich ja vorstellen“, sagt Maslinski.
Dass es trotz Weihnachtsstress entspannt geht, zeigt sich beim WZ-Besuch aber auch. Obwohl auf einer von Mohammed Baghaei Nikkhou bestellten Videokamera ein für den europäischen Markt notwendiges Gütesiegel fehlt, macht er sich keine Sorgen. „Ich bestelle öfter im Internet, und sowas kommt hin und wieder mal vor.“
Die Markenkamera ist ein Weihnachtsgeschenk für seine Verlobte. Das Gerät wird jetzt vom Zoll zur Marktüberwachungsbehörde nach Düsseldorf geschickt. „Dort wird dann entschieden, wie mit dem Gerät verfahren wird.“ In drei Tagen muss eine Antwort aus der Landeshauptstadt vorliegen. Gibt es keinen Einspruch oder keine Rückmeldung aus Düsseldorf, erhält Mohammed Baghaei Nikkhou seine Kamera. Die Produkte, die in den vergangenen Wochen von Zoll und Marktüberwachung aus dem Verkehr gezogen wurden, lagern derweil direkt um die Ecke. In Regalen stehen dutzende Pakete, über deren Inhalt noch zu reden sein wird. Doch es gibt auch schon die Waren, die maximal noch den Weg zur Müllverbrennungsanlage in Elfrath finden werden.
Darunter sind Potenzmittel, gefälschte Uhren, ein Haarwuchsmittel, Schlagstöcke und weitere technische Gerätschaften. „Das sind alles Sachen, die nicht nach Deutschland eingeführt werden dürfen “, sagt Michael Maslinski. Während das Haarwuchsmittel, das gleichzeitig eine blutdrucksenkende Substanz beinhalten soll, nicht mit dem Arzneimittelrecht vereinbar ist, fehlt bei vielen technischen Geräten aus Fernost das EU-Gütesiegel. Wie gefährlich das werden kann, zeigte sich im Vorjahr. „Da gab es Lichterketten aus China, die so schlecht verarbeitet gewesen sind, dass sie sich selber entzündet haben“, erinnert sich der Zollamtsleiter.
Genau wegen solcher Gefahren greift der Zoll rigoros durch. In der Vorweihnachtszeit dabei gezwungenermaßen deutlich häufiger als im restlichen Jahr. „Meist ebbt die Arbeit erst irgendwann im Januar ab. Denn viele Internetbestellungen kommen gar nicht rechtzeitig bis Heiligabend an.“ Der Frust der Käufer dürfte dann doppelt so groß sein, wenn nach dem Weihnachtsfest ohne Geschenke auch noch der Gang zum Zoll ansteht.