Ein Karnevalswagen fürs Eros-Center

Eros-Center und Seidenweberhaus: Florian Noever modelliert seit Jahren Mottowagen für den Rosenmontagszug. Er lässt sich von aktuellen politischen Ereignissen inspirieren.

Foto: Andreas Bischof

Mitte. Groß, bunt und passend zum Karneval müssen sie sein: Mottowagen. Um so einen Wagen modellieren zu können, muss Mann oder Frau ganz schön kreativ sein. Einer, der auf diesem Gebiet ganz viel Erfahrung vorweisen kann, ist der Künstler Florian Noever. Er modelliert seit vielen Jahren Figuren für den Karneval. Köpfe, Ohren und Hände brauchen am längsten, bis sie fertig sind. Die Körper der stilisierten Menschen sind mit Hilfe des Drahtgerüstes schneller fertig. Jedes Jahr lässt sich Noever Themen einfallen und verwirklicht sie dann für den Rosenmontagszug.

Florian Noever, Künstler unter anderem für Karnevalswagen

Doch so richtig nach „Helau“ fühlt es sich in der riesigen Halle an der Vennikelstraße noch nicht an. Vor allem weil es kalt ist — richtig kalt. Der Atem von Noever und seinem Gehilfen Felix Burandt ist zu sehen. Er soll einmal sein Nachfolger werden. Ringsum parken Mottowagen, die immer gebraucht werden, wie die grün-weißen Gefährte der Prinzengarde. „Jedes Jahr darf ich mir Themen ausdenken“, sagt der 62-Jährige. „Zwei Entwürfe für jeden Wagen lege ich dem Comitée Crefelder Carneval (CCC) im November vor. Um die Weihnachtszeit fange ich an. Zweieinhalb bis drei Wochen dauert der Neubau.“

Daneben erhalten frühere Wagen eine neue Politur, oder der Schriftzug wird geändert. „Wir bunkern alles, was man noch einmal gebrauchen könnte.“ Diesmal haben die neuen Helau-Gefährten die Zukunft des Seidenweberhauses und die Vorkommnisse um das Eros Center an der Mevissenstraße zum Thema. „Ja, Nein, Vielleicht“ steht in großen bunten Lettern auf den maroden Mauern der Veranstaltungshalle, die Augen, Mund und Nase besitzt. „Ich habe das Seidenweberhaus personifiziert, sonst ist es langweilig“, findet Noever. „Das Abriss-Gespenst steht mit einem großen Vorschlaghammer vor dem Gebäude. Der Wagen ist für die Minister des Prinzen gemacht.“

„Soli op krie-ewelsch“, Geld für die Kufa aus dem Eros Center, titelt ein weiterer Wagen. „Die Geschichte ist so schön, die habe ich in der Zeitung verfolgt.“ Das fast barbusige Freudenmädchen durfte er nicht hübsch gestalten. „Wenn ich sie hässlich mache, ist es nicht ganz so sexistisch.“ Diesen Wagen werde die Große Karnevalsgesellschaft Krefeld von 1878 beziehen. Der Unterbau ist bei jeder Figur oder Darstellung gleich, ob hübsch oder hässlich, dick oder dünn: „Über ein Holzgerüst wird Kaninchendraht modelliert, dann kaschieren wir mit Papier und Knochenleim wie vor 50 Jahren.“ Farbe und Folie geben den Figuren das hübsche Outfit. Nur der Prinzenwagen ist aus Kunststoff und hält schon sechs Jahre.

Viel weiß der Künstler aus den vergangenen Jahrzehnten zu berichten. Vor allem, dass es früher viel mehr Interesse an den Wagen gab: „Da kam ab und zu noch mal ein Verantwortlicher vorbei und hat nach dem Fortschritt der Wagen geschaut und sich angesehen, wie sie werden. Das gibt es nicht mehr. An das frühere Mottowagen-Richtfest am Karnevalssamstag in der Halle mit reichlich Bier und Spanferkel ist gar nicht mehr zu denken.“ Der Karneval leide an Geldmangel, sagt er. Das CCC habe kein Geld, und die Gesellschaften, die die Wagen befahren, müssen auch ihren Anteil zahlen. Es sei wohl keine gefunden worden, die für einen dritten neuen Wagen Geld gibt. „Zwischen Aschermittwoch und dem 11. 11. findet Karneval in Krefeld überhaupt nicht mehr statt.“

Noever findet es schade. Einen richtig dicken Hals hat er in 39 Jahren jedoch nur einmal bekommen, als ein Krefelder Prinz sich seinen Wagen vom Düsseldorfer Jaques Tilly bauen ließ.