Sicherheit nach Köln Ex-Kommissar: „Abstand an Karneval? Lächerlich!“

Horst Wolf war 44 Jahre Polizist und informiert seit drei Jahren über Gewaltprävention. Am Dienstag hält er einen Vortrag in Krefeld.

Foto: dpa

Krefeld. Die Vorkommnisse in der Silvesternacht in Köln haben landesweit zu Diskussionen über die Täter, Gesetze und die Polizei geführt. Auch deshalb wird Horst Wolf, Polizeihauptkommissar außer Dienst, nicht darum herum kommen, die Vorfälle in seinem Vortrag am Dienstag zu thematisieren. 44 Jahre lang war Wolf Polizist, seit drei Jahren hält er Vorträge zu den Themen Gewaltprävention und Zivilcourage. Sein Credo: Nichts schönreden. Was er über eine Armlänge Distanz denkt und was er für wirksame Schutzmaßnahmen hält, erklärt er im WZ-Interview.

Herr Wolf, haben Sie die Inhalte Ihres Vortrags aufgrund der Vorkommnisse in Köln angeglichen?

Horst Wolf: Ich gehe generell bei meinen Vorträgen auf die aktuellen Entwicklungen ein und werde am Dienstag sicherlich etwas zur Antanz-Methode erläutern. Das Thema überwiegt natürlich gerade.

Ist die Resonanz hoch?

Wolf: Ja, die Anmeldungen im Vorfeld der Veranstaltungen sind deutlich zahlreicher. Die Vorfälle in Köln haben die Menschen verunsichert.

Kann man sich vor so einer Gruppen-Gewalt überhaupt schützen?

Wolf: Wenn man einmal in so eine Gruppe geraten ist, kann man nur hoffen, dass man herausgezogen wird, oder dass die Polizei zur Hilfe kommt.

Empfehlen Sie Selbstverteidigungskurse oder Waffen zum eigenen Schutz?

Wolf: Solche Kurse können vor allem das Selbstbewusstsein stärken und die Teilnehmer lehren, bestimmend zu sein. Bei Waffen wie Pfefferspray oder Elektroschockern besteht die Gefahr, dass der Angreifer sie dem Opfer abnimmt und selber anwendet. Der Umgang mit dem Elektroschocker muss zudem geübt sein.

Wie kann man sich noch schützen?

Wolf: Manche Gefahren entstehen gar nicht erst, wenn man in einer Gruppe unterwegs ist — das gilt für Männer und Frauen. Nachts sollte man sich abholen lassen oder ein Taxi rufen, anstatt alleine nach Hause zu laufen.

Und wenn man konkret in Gefahr gerät?

Wolf: Man muss auf sich aufmerksam machen: schreien, fliehen und Menschen direkt ansprechen. Nachts kriegt man die Leute eher aus dem Bett, wenn man „Feuer“ anstatt „Hilfe“ ruft. Zudem sollte man Sturm klingeln, wenn man es zu Häusern schafft — und die 110 anrufen, sobald es geht.

Was denken Sie über den Tipp, eine Armlänge Abstand zu halten?

Horst: Ich denke, dass dieser Begriff sehr unglücklich gewählt war. Vielleicht wäre es besser gewesen, an dieser Stelle von Distanz zu sprechen, die man sich durch klare Ansagen gegenüber Fremden schafft.

Ist das auch Ihre Empfehlung für die Karnevalszeit?

Wolf: Ja. Wie wollen sie denn auch an Karneval Abstand wahren? Das ist lächerlich. Wie soll das funktionieren bei der ganzen Feierei und Knutscherei? Es hilft nur, wachsam zu sein und den Menschen, die einem zu nahe kommen, die Meinung zu sagen. Es kann sicherlich auch nicht schaden, wenn man in einer Gruppe von Freunden unterwegs ist.