Zeitgenössischer Tanz Das getanzte Ende einer Liebe

Drei koreanische Compagnien gaben in der Fabrik Heeder Einblicke in ihr Schaffen.

Die Compagnie Noname Sosu präsentierte die Choreografie Silentium.

Foto: Ja/Noname Sosu

Vom 29. August bis 1. September findet in Düsseldorf und Leverkusen die Internationale Tanzmesse NRW statt, das größte Netzwerktreffen der zeitgenössischen Tanzszene weltweit. Parallel zur Messe, wo sich Compagnien mit ihren Ständen präsentieren, gibt es ein umfangreiches Bühnenprogramm. Bereits zum sechsten Mal ist Krefeld mit der Fabrik Heeder dabei. Heute Nachmittag endet das Programm hier mit zwei Aufführungen aus Australien und Norwegen.

Der erste Nachmittag stand ganz im Zeichen asiatischer Tanzkunst. In  ganz unterschiedlichen Stücken gaben drei verschiedene koreanische Compagnien Einblicke in ihr Schaffen. Der besondere Reiz der Fabrik Heeder besteht darin, dass hier zwei unterschiedliche Bühnen zur Verfügung stehen.

Eine eindrucksvolle
Tanzminiatur von Momuro

Das erste und dritte Stück fand im hohen luftigen Raum der Studiobühne 1 statt, das Mittelstück im intimeren Rahmen der Studiobühne 2. „Between“ heißt die eindrucksvolle Tanzminiatur von „Momuro  Movement Lab“. Ein Paar (Kyum Ahn und Gayoung Lee, die das Stück auch choreographiert haben) sitzt nebeneinander auf dem Boden in der gleichen Haltung. Eine gleichförmige und durchaus temporeiche Musik setzt ein und beide beginnen zu tanzen. Doch der erste Eindruck von Harmonie und Gleichklang, der hier kurz suggeriert wird, erweist sich schnell als Täuschung.

Trotz der synchronen Bewegungen und des engen Körperkontaktes merkt der Betrachter bald, dass hier keine wirkliche Nähe mehr vorhanden ist. Stattdessen gibt es eine routinierte Abfolge von Bewegungen, immer wieder stockt der Fluss der Bewegungen, es gibt Pausen, in denen jeder für sich verharrt. Manchmal scheint es auch, dass der eine sich vom anderen befreien will. Doch das gelingt nicht und auch die heftigen Umarmungen, die eher ein verzweifeltes Umklammern sind, können über die Leere der Beziehung nicht hinwegtäuschen.

Die Musik wechselt zwischendurch zu dem jazzig angehauchten Klassiker „My funny Valentine“. Die Stimmung des Songs steht ebenfalls im Kontrast zu der Disharmonie des Paares und unterstreicht diese. Doch was das eigentlich Faszinierende daran ist, ist die Selbstverständlichkeit und die zarte Traurigkeit, mit der dies tänzerisch erzählt wird. Kein großes Drama, sondern das ganz alltägliche Ende einer Liebe.

Auch im zweiten  Stück „Silentium“ (der Compagnie Noname Sosu) tritt der Choreograf (Young-hyun Choi) selbst als Protagonist in Erscheinung. Es ist ganz dunkel bis eine spärliche Lichtquelle nach und nach einen männlichen Oberkörper zeigt. Muskulös und makellos wirkt er wie eine Skulptur.  Seine Hände ertasten ihn, durch Bewegungen und Atmung ändert sich die Ansicht des Körpers ständig, sie beginnt zu flackern und zu vibrieren. Zusätzlich beginnt die Lichtquelle zu blinken, was für zusätzliche Irritationen sorgt. Für das Auge des Betrachters wird das auf die Dauer anstrengend und das Ganze zieht sich etwas in die Länge. Doch der Minimalismus der Choreografie, der höchste Konzentration und eine unglaubliche Körperbeherrschung erfordert, beeindruckt auch hier.

Westliche und östliche Musik-und Tanzstile treffen in dem letzten und längsten Stück des Nachmittags aufeinander. In ihrem Stück „Immixture“ lässt die Korea National Contemporary Dance Company zwei unterschiedliche Welten aufeinanderprallen. Es beginnt mit einer Tänzerin in einem prächtigen weißen Kleid, die sich graziös und sehr zeremoniell zu entsprechenden Klängen auf der großen Bühne bewegt. Sie verschwindet und zwei mit Hosen und Shirts westlich gekleidete Tänzerinnen kommen dazu. Die Musik wechselt immer wieder von einem sehr klangvollen, manchmal noch durch Gesang untermalten traditionellen Charakter zu mehr rhythmisch-melodischen Passagen. Diese westlichen Klänge werden tänzerisch von einem Mann interpretiert, der mit Witz und extrem schnellen Bewegungen sehr extrovertiert agiert. Im Lauf des Stückes, das die drei Frauen und den Mann in immer wieder anderen Konstellationen zeigt, verschmelzen die Gegensätze der Tanz- und Musikstile zu einer am Ende  faszinierenden Mixtur aus beiden Welten. Alle drei Stücke gaben einen Einblick in die Vielfalt zeitgenössischer Tanzkunst aus Korea und wurden vom Publikum in der ausverkauften Fabrik Heeder begeistert aufgenommen. Weitere Infos zu den Veranstaltungen unter: