Flüchtlingshelfer warnen vor Bildung von Ankerzentren
Ehrenamtler vermissen Solidarität mit Geflüchteten. Positiv bewerten sie hingegen die Umstrukturierung des Ausländeramtes.
Die Vorstellung ist für Christoph Bönders schrecklich. Der Vorsitzende des Krefelder Flüchtlingsrates verurteilt die Überlegung, Flüchtlinge in so genannten Ankerzentren unterzubringen. „Wie sollen diese Menschen denn jemals in unsere Gesellschaft integriert werden, wenn sie überhaupt keine Berührungspunkte mit den Menschen haben, die hier leben?“, fragt Bönders und schiebt hinterher: „In Wahrheit sind das doch Orte, um Menschen einfach leichter abschieben zu können.“
Der Frust bei Bönders und seinen Mitstreitern sitzt tief. Die aktuelle politische Diskussion um den Umgang mit Flüchtlingen bezeichnet er als „Wettlauf der Scheinheiligkeit“. „Die vergangene Bundestagswahl hat alles verändert. Die Solidarität und Menschlichkeit gegenüber den Geflüchteten hat seitdem in vielen Teilen der Gesellschaft enorm abgenommen“, sagt Bönders. Beeinflussen lassen wollen sie sich beim Flüchtlingsrat davon aber nicht. „Wir haben noch rund 60 ehrenamtliche Helfer, die Geflüchtete bei Fragen und Problemen unter die Arme greifen“, erklärt Ute Richter, ebenfalls Vorstandsmitglied vom Flüchtlingsrat.
Einer dieser ehrenamtlichen Helfer ist Peter Balogh. Zum Tag des Flüchtlings am Mittwoch zieht er Bilanz. „Ich betreue seit 2016 einen jungen Mann aus Guinea und eine Familie aus Afghanistan. Wenn ich sehe, welche bürokratischen Hürden diese Menschen in dieser Zeit zu überwinden hatten, muss ich sagen: So viele Steine kann man gar nicht in den Weg gelegt bekommen.“ Was der Krefelder meint: Die seiner Ansicht nach viel zu komplizierten Vorgänge bei Antragsstellungen jeglicher Art. Flüchtlinge, die keine Hilfe bei der Übersetzung der Formulare hätten, könnten es niemals schaffen, diese korrekt auszufüllen, ist sich Balogh sicher. Die Folgen seien gravierend. Deshalb fordert er eine Anlaufstelle für alle Sozialleistungen, Hilfen, Fragen.
Hoffnung setzt der Flüchtlingsrat hierbei vor allem in die neuen handelnden Personen im Ausländeramt. „Die Umstrukturierung greift langsam, man merkt, dass sich in der Behörde etwas getan hat, seitdem der neue Leiter da ist“, versichert Bönders. Der neue Leiter, Andreas Pamp, hat die Aufgabe, das oft hart kritisierte Amt umzustrukturieren. In Teilen hätte dieser Prozess bereits begonnen, so die einhellige Meinung im Flüchtlingsrat. „Das Personal wurde fast komplett ausgetauscht, der Umgangston ist deutlich freundlicher geworden.“ Dennoch gebe es weiterhin Probleme. „Immer wieder wird uns berichtet, dass die Erreichbarkeit der Mitarbeiter im Ausländeramt ein großes Problem darstelle“, berichtet Bönders. Laut seiner Aussage sei das bei 19 offenen Stellen in der Behörde aber auch nicht verwunderlich.