Gericht Angeklagter schildert seine Sicht auf die Geiselnahme

Krefeld · Weil er und seine Familie abgeschoben werden, soll ein 30-Jähriger mit dem Tod seiner Tochter gedroht haben.

 Eine Justitia-Büste an der Fassade des Landgerichts in Krefeld.

Eine Justitia-Büste an der Fassade des Landgerichts in Krefeld.

Foto: dpa/Ina Fassbender

Immer trifft es die Falschen — zumindest so etwas in die Richtung dürfte der 30-jährige Angeklagte des Landgerichtsprozesses wegen einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Abschiebung gedacht haben. Er sei mit seiner Familie seit vielen Jahren in Deutschland, könne die Sprache, habe einen Integrationskurs besucht und sogar eine Arbeitsstelle gehabt. Da seien andere zuerst dran, wenn es um eine Abschiebung gehe. Das habe er zumindest geglaubt, als er das Schreiben der Ausländerbehörde Krefelds bekam, in welchem ihm mitgeteilt wurde, dass eine Abschiebung seiner Familie unmittelbar bevorsteht.

Am zweiten Prozesstag schilderte der Angeklagte die Geschehnisse des 19. Septembers aus seiner Sicht. Den Anklagepunkt Geiselnahme, der am schwersten wiegt, bestritt er. Der Mann soll laut Anklage seine kleine Tochter über die Brüstung seiner Wohnung im dritten Stock gehalten und damit gedroht haben, sie fallen zu lassen, wenn die vor dem Haus in Stellung gegangenen Einsatzkräfte nicht abziehen würden. Er habe zwar mit der Zweijährigen auf dem Arm kurz auf dem Balkon gestanden, aber nur um herunterzusehen. Das Kind habe er jedenfalls nicht über die Brüstung gehalten. Ob er mit dem Tod des Kindes gedroht hatte, wusste er aber nicht mehr genau.

Den vorherigen Tumult in der Familienwohnung, bei dem er Mitarbeiter von Polizei und Ausländeramt mit einem Messer bedroht hatte, räumte er allerdings weitestgehend ein. Eine Polizistin sagte im Zeugenstand, dass der Angeklagte sich zwar immer wieder losgerissen, aber anfangs nach niemandem geschlagen habe. Als er dann aber mit einem auf dem Fensterbrett liegenden Küchenmesser auf ihren Kollegen zuging, hätten sie beide ihre Dienstwaffen gezogen.

Daraufhin habe sich die Ehefrau des Angeklagten mit einem Kind auf dem Arm dazwischen gestellt und die Beamten aus der Wohnung gedrängt. Auch sie sollte am Mittwoch vernommen werden, machte allerdings von ihrem Schweigerecht als Ehefrau Gebrauch.

Der Prozess soll am Montag, 1. April, fortgesetzt werden. Dann sollen noch weitere Zeugen gehört.