Gericht: Steuern, Banken und die Kuchenlehre
Prozess gegen Sadik D. und Dieter B. geht dem Ende zu.
Krefeld. Verkaufe Wohnung und zahle Bargeld obendrauf - so funktionierten die Geschäfte des Krefelder Immobilienhändlers Sadik D. (50), der sich so in weitem Umkreis einen Namen gemacht hat. Im Prozess gegen ihn und seinen Steuerberater Dieter B. hat die zweite große Strafkammer an den bisherigen zehn Verhandlungstagen an die 40 Kunden D.’s gehört.
Sie sagten übereinstimmend aus, neben der Immobilie auch Bares erhalten zu haben, das sie von Banken nicht bekommen hätten. Dass Dieter B. diese Zahlungen als Betriebskosten beim Finanzamt absetzte, brachte ihn und den Geschäftsmann, der früher Schichtarbeiter im Stahlwerk war, das Verfahren wegen Steuerhinterziehung ein.
"Was die Bank finanziert, ist der Kuchen", schilderte einer beiden Verteidiger das Procedere, "und davon gibt’s dann ein Stück zurück." Dass sie überbewertete Wohnungen oder Häuser finanzierten, schienen die Banken nicht weiter zu interessieren. Bares obendrauf bekamen aber auch Hausverkäufer - etwa die hoch verschuldete Krefelderin Karola H., die heute angeblich in Süddeutschland von 140 Euro Rente lebt.
Erst als ein Verteidiger mit ihr telefonierte (und Gericht und Staatsanwalt mithörten), fiel ihr ein, dass ihre Tochter damals Geld für einen Umzug brauchte: 15.000 Euro bekam sie "cash". Zeuge I. etwa löste mit 28.000 Euro einen Bankkredit ab. Vom notariell beglaubigten Kaufpreis einer Wohnung in Mönchengladbach wurde dieser Betrag mit einer Vereinbarung ("Verkaufspreisminderung wegen verdeckter Mängel") abgezogen.
Im Prozess gerät zur akademischen Frage, was zur Besteuerung zugrunde gelegt werden muss. Das Gericht geht vom Betrag im notariellen Kaufvertrag aus, die Verteidiger möchten den "tatsächlichen Zufluss" zugrunde gelegt wissen. Insgesamt will D. fast 1,9 Millionen Euro an seine Kunden ausgezahlt haben. Grundsätzlich räumt er den Vorwurf der Steuerhinterziehung ein, aber nicht im ermittelten Maß.
Auf Wunsch des Gerichtes berechnete der Betriebsprüfer des Finanzamtes in der Verhandlungspause den Steuerschaden neu und kam auf drei Beträge (durch herausgerechnete Einzelfälle) zwischen 1,55 und 1,66 Millionen Euro. Rechnet er die belegbare Sanierung heraus, bleiben 932 760 Euro übrig.
Bilder von neu verputzten, gestrichenen oder sonstwie sanierten Altbauten in Krefeld schauten sich die Prozessbeteiligten mit verdrehten Hälsen am kleinen Laptop auf dem Richtertisch an. Da wünscht man sich, Justitia hätte mehr Geld für Technik.
Jetzt ist erst einmal zwei Wochen Pause.
Am 25. August wird der Steuerfahnder gehört, der Auskunft geben soll, wann er zum ersten Mal vom Verdacht einer Straftat hörte. Die Verteidigung moniert, dass D. nicht rechtlich belehrt wurde, sie an der Aufklärung von Vorwürfen bis ins Jahr 2004 nicht hätten mitwirken müssen.
Am 27. September will die Kammer zum Ende kommen. Bis dahin will sich der Hauptangeklagte mit dem Betriebsprüfer und der Erhebungsstelle zusammensetzen. Ziel ist die Einigung im Besteuerungsverfahren.