Heiterer Jahresausklang auf der Burg Linn
Das Quartett VerQuer kommt mit einer abwechslungsreichen Parade an Flöten aller Größen zum Serenadenkonzert am Silvesterabend.
Linn. Wie immer ist die Silvesterserenade ausverkauft, wofür man im Kulturbüro der Stadt gerade mal eine Viertelstunde am ersten Verkaufstag gebraucht hatte. Dementsprechend ist der Rittersaal auf der Burg Linn mit dem Maximum an Stuhlreihen gefüllt. Eine abwechslungsreiche Parade an Flöten jeder Größe — von der Piccoloflöte bis zur fast mannshohen Kontrabassflöte — steht am Bühnenrand. Das verspricht viel Abwechslung in der Silvesterserenade.
Mit virtuoser Leichtigkeit beginnt das Quartett VerQuer (Katrin Gerhard, Britta Roscher, Daniel Agi und Maximilian Zelzner) das Spiel. An den Anfang ihres Programms haben sie das Konzert für vier Flöten von Georg Philip Telemann (1681-1767) gesetzt. An das große Instrumentensortiment gehen sie noch nicht heran, sie spielen alle die gleiche Querflöte. Der barocke Meister kommt in ihrer Interpretation fast heiter und beschwingt daher, es ist eben die Silvesterserenade, wo ernste Musik auch mal weniger ernst sein darf.
An der lockeren Moderation von Katrin Gerhard wird das spätestens deutlich: „Wir haben eine wilde Reise mit Ihnen vor. Und der eine oder andere wippende Fuß und nickende Kopf ist erwünscht.“ Dann geht sie auf die üblichen guten Vorsätze zum neuen Jahr ein und hat gleich passende Vorschläge: mehr Flötenkonzerte zu besuchen, selbst die Flöte wieder herausholen und üben.
Witzig ist die Aufstellung des Quartetts für ein Flötenquartett von Pierre Max Dubois (1930-1995). Der erste Satz erinnere sie an eine Spieluhr, erklärt Gerhard — so stellen sich die vier eng mit den Rücken zueinander und während ihres Spiels bewegen sie sich in dieser Position ganz langsam im Kreis. Es deutet sich schon an, dass die vier dieses Konzert nicht streng aufgereiht hinter Notenständern geben wollen. Witz, Choreographie und Spaß am Komödiantentum sind ihre Leitmotive.
Dabei gibt es keinen Takt lang Zweifel, wie gut das seit 1999 existierende Ensemble eingespielt ist. Kleine Clownerien und perfekt abgestimmtes Spiel ohne Noten sind ihr Markenzeichen und alle sind gleichermaßen vielseitig, übernehmen alle einen Part in der Moderation. Mit „Ulla in Afrika“ von Heiner Wiberny (*1944) bieten sie afrikanische Reminiszenzen mit Jazz-Einsprengseln — und einem hohen Fußspitzenwippfaktor. Weiter geht es mit einer Body-Percussion, die beweist, dass man auch ohne Instrumente inklusive des Pfeifens wie ein recht einsilbiger Kanarienvogel ein bestens eingespieltes Team ist.
Musikalisch sind die vier, mit ihrem großen Flötensortiment, in allen Genres zuhause. So erklingen temperamentvolle Balkanmelodien, dann fühlt man sich in einen alten Liebesfilm aus Hollywood versetzt und meint Michael Jackson in neuer Interpretation zu hören. Die Erklärung: „Da kommt man nicht gleich auf Querflötenquartett und Jackson kann sich ja auch nicht mehr wehren.“
Nach der Pause geht es in bewährter Gestaltung weiter. Erst einmal alte Meister, Arcangelo Corelli und John Dowland, beide Stücke arrangiert von Britta Roscher und dann wird es weltmusikalisch mit „Cantaloupe pieces“ von Herbie Hancok (*1940), dem „Libertango“ von Astor Piazzolla (1921-1992) und „Riverdance“ von Bill Whelan (*1950). Dann wird aus dem Quartett ein Quintett. Denn für das Stück „Wake up!“ von Tilmann Dehnhard (*1967) braucht es eine fünfte Stimme — und ein Reisewecker bekommt seinen großen Auftritt. Während des ganzen Stücks darf er bimmeln. Ein toller Abend mit Musik auf höchstem Niveau und voller Witz und Spielfreude.