Ehrung im Seidenweberhaus Wüst: „Ehrenplatz fürs Steckenpferd“

Krefeld · Prinzengarde zeichnet den NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst aus. Der freut sich über seinen ersten karnevalistischen Preis überhaupt.

Den Auftritt des Prinzenpaares Dirk III. und Steffi II. ließ sich Wüst trotz eng getakteten Terminkalenders nicht nehmen.

Foto: Samla Fotoagentur/samla.de

So ausgelassen hat man Hendrik Wüst selten gesehen. Lachend, schunkelnd und tanzend zeigt sich der NRW-Ministerpräsident am Dienstagabend im Seidenweberhaus, wo ihm die Prinzengarde der Stadt Krefeld das närrische Steckenpferd verlieh. „Ich sehe Ihrem Gesicht an, dass Sie sich aufrichtig darüber freuen“, hält Guido Cantz, Steckenpferdritter von 2023, in der Laudatio auf seinen Nachfolger fest. „Ihr Gesichtsausdruck sieht fast so aus, als hätten Sie vor fünf Minuten erfahren, dass sich Markus Söder sofort aus der Politik zurückzieht.“ Es folgt das erste Gelächter im Saal, dem angesichts des Pointen-Feuerwerks, das Guido Cantz zündet, noch viele weitere folgen.

Vor allem die Bundesregierung bekommt ihr Fett weg. In letzter Zeit sei der Unterschied zwischen Komikern und Politikern immer schlechter zu erkennen. Und auch wenn Wüst als ehemaliger Verkehrsminister nicht alle Aufgaben komplett erfüllt habe – Stichwort Stauproblem auf den Autobahnen – werde er von vielen Menschen unter der Hand als nächster Kanzlerkandidat gehandelt. „Der nächste Halt für Sie könnte also Kanzleramt heißen“, schlussfolgerte Cantz. „Die Entschlossenheit und Flexibilität dazu hätten Sie“, sagte der Laudator und schlug dann den Bogen zu Olaf Scholz. Dem werde zuweilen vorgeworfen, er bewege sich zu wenig. „Merkwürdig: Freier Fall ist doch auch Bewegung“, sagte Cantz. Der Comedian gab zu, dass es im vergangenen Jahr wenig politische Momente gab, in denen er geschmunzelt habe. Der Augenblick, in dem Olaf Scholz mit der Augenklappe vor die Kameras getreten ist, sei aber ein solcher gewesen. „Mit der Erklärung, er sei beim Joggen aufs Auge gefallen, bekommt der Begriff ,dumm gelaufen‘ eine ganz neue Qualität.“

Ehemalige Steckenpferdritter gaben entscheidende Hilfe

Prinzengarde-Präsident Christian Cosman mit dem 33. Steckenpferd-Ritter, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst.

Foto: Ja/Jochmann, Dirk (dj)

Spott wie diesen muss Hendrik Wüst als neuer Steckenpferdritter an diesem Abend natürlich nicht über sich ergehen lassen. Die eine oder andere Spitze schickt Guido Cantz dann aber doch gen Wüst, der auch Jäger ist. Cantz: „Andere finden Rehe niedlich, Sie finden sie zum Schießen.“ Und verbunden mit herzlichen Glückwünschen gibt der Comedian dem Ministerpräsidenten mit auf den Weg: „Ich wünsche Ihnen, dass Ihr weiterer politischer Weg die gleichen Eigenschaften hat wie Ihr geliebtes Fahrrad: immer in Bewegung, schnell, umweltfreundlich und vor allem ohne Rücktritt.“ Eine Anspielung darauf, dass Wüst 2010 im Zuge der Sponsoring-Affäre als CDU-Generalsekretär zurückgetreten war oder bloß Ausdruck eines gut gemeinten Wunsches? Interpretationssache.

Hendrik Wüst scheint die Rede gefallen zu haben. In seiner Dankesrede stellt er fest: „Guido Cantz hat mich verschont.“ Er habe null Erfahrung mit Karneval, abgesehen von seiner Zeit als Kinderkarnevalsprinz in seiner Heimatstadt Rhede. Das Steckenpferd sei seine erste karnevalistische Auszeichnung überhaupt, hatte er vorab im Gespräch mit der WZ erklärt. „Das närrische Steckenpferd wird einen Ehrenplatz im Büro des Ministerpräsidenten erhalten.“ Im Saal begründete er dann: „Sonst denkt man noch, bei der Landesregierung steht ein Pferd auf dem Flur“, sprach er und stimmte das passende Lied von „Klaus & Klaus“ an. Überhaupt zeigte sich der 33. Steckenpferdritter in der Geschichte der Prinzengarde Krefeld sehr textsicher, was Karnevalslieder angeht. Immer wieder stimmte er solche in seiner Rede an, die dann von der Bundesschützenkappelle Neuss als Regimentskapelle musikalisch vollendet wurden. „Echte Fründe“ von den Höhnern wählte Wüst als Song zum neuerdings wiederentdeckten Frieden zwischen CDU und CSU. „Es ist noch Suppe da“ von Jupp Schmitz war der passende Soundtrack zum Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung in Berlin, in dem quasi für alle mehr Geld versprochen worden sei. Die liebste Droge der Politik „viel Geld“ sei jedoch mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts verschwunden, die Bundesregierung sei „auf kaltem Entzug“, sodass die Frage in der Hauptstadt nunmehr frei nach Jupp Schmitz laute: „Wer soll das bezahlen?“ So ganz konnte oder wollte Hendrik Wüst seinen politischen Hintergrund an diesem Abend nicht verstecken. Die gekürzten Subventionierungen der Bauern kritisierte er: „Das geht gar nicht.“ Über das Desaster in Berlin freue sich seine Partei aber nicht, auch wenn das angesichts der unzähligen Steilvorlagen durchaus möglich sei. Auch Friedrich Merz erinnere sich inzwischen gerne an die 16 Jahre Merkel-Politik zurück. Diese seien im Vergleich zu jetzt eine „Superjeile Zick“ gewesen.

Krefeld: Närrisches Steckenpferd an NRW-Ministerpräsident Wüst verliehen​
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Närrisches Steckenpferd an NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst verliehen

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Foto: Ja/Jochmann, Dirk (dj)

In NRW werde Zusammenhalt und Engagement großgeschrieben. Der Karneval sei dabei weit vorne dabei. Hier werde angepackt wie bei den Spielfreunden Uerdingen, die den dortigen Bahnhof zu ihrem Vereinsheim umgebaut haben. Applaus brandet auf. Das gilt auch für den Moment, in dem Prinzengardepräsident Christian Cosman auf die unpopuläre Entscheidung Wüsts verweist, angesichts der Pandemie, den Saalkarneval in der Session 2021/2022 abzusagen. „Rückblickend können wir sagen, das war die einzig richtige Entscheidung in der damaligen Situation.“

Cosman erzählte auch, dass etwas Zeit verstrichen sei, ehe Wüst seine Annahme des närrischen Steckenpferds zugesagt habe. Bereits im Frühjahr habe die Prinzengarde in der Staatskanzlei angefragt, die Zusage sei im Sommer erfolgt. Wohl auch dank der Schützenhilfe von Hermann Gröhe, der das Steckenpferd 2016 erhalten hatte. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister hatte wohl eine Whats-App an Wüst verschickt und ihn darin zur Annahme der Auszeichnung aufgefordert. Dass Wüst am 14. Januar 2025 die Laudatio auf seine Nachfolgerin halten wird, sagte er dagegen schon am Dienstagabend zu. Wer dann ausgezeichnet wird, bleibt vorerst Geheimnis der Prinzengarde.