„Ich triumphiere nicht, aber atme auf“

Manfred Bautz kämpft um den Erhalt der Alten Kirche als Gottesdienststätte. In der WZ spricht er über eine erste Atempause in dieser Sache, über Animositäten und Gebete.

Krefeld. Mehrer Monate lang hat das Presbyterium der evangelischen Kirchengemeinde Alt-Krefeld, um ein Haushaltsloch zu füllen, eine neue Nutzung der Alten Kirche prüfen lassen. Seit Monaten kämpft auf der anderen Seite ein Verein für den Erhalt der Alten Kirche als Gottesdienststätte und als Raum für Musik und Kultur. Nun hat eine Machbarkeitsstudie gezeigt, dass die Idee, den Sakralbau für die Verwaltung des evangelischen Kirchenkreises Krefeld-Viersen umzubauen, geplatzt, weil zu teuer ist. Die WZ sprach mit dem Vereinsvorsitzenden, Manfred Bautz, Pfarrer im Ruhestand.

Was bedeutet diese Nachricht für Sie?

Ich triumphiere nicht, aber es ist ein Aufatmen da. Es bleibt, dass eine Lösung gefunden werden muss. Und dabei ist der Verein noch mal neu gefordert. Die Grundlage ist dabei für uns, dass der hohe Kirchenraum akustisch erhalten bleibt. Es gibt keinen besseren in der Stadt. Die Musiker, die hier Konzerte gegeben haben, sind begeistert. Und die Orgel ist einfach toll, erst vor zehn Jahren passgenau eingebaut, finanziert durch Spenden.

Was glauben Sie, in welche Richtung das Presbyterium nun gehen wird?

Ich bin gespannt. Wir bleiben dabei, dass wir die Kirche als Gottesdienststätte erhalten sehen wollen. Aber wir hätten kein Problem damit, wenn in den gemeindlichen Räumen beispielsweise Wohnungen geschaffen würden, damit etwas verdient wird. Auch die Mauer könnte zum Beispiel weg und damit die Kirche zum Platz An der Alten Kirche hin geöffnet werden.

Wenn Sie jemand um eine kurze Zusammenfassung bittet, warum die Alte Kirche nach Ihrer Ansicht erhalten werden muss, was würden Sie sagen?

Der Bau ist als Mahnmal wichtig. So wie er jetzt steht, ist er aus Trümmern errichtet worden. Die Kirche ist nicht prachtvoll, aber sie ist in ihrer Kargheit Mahnmal, dass es den Leuten, von denen nach dem Krieg viele selbst kein Dach über dem Kopf hatten, wichtiger war ihre Kirche als ihre eigenen Häuser zu bauen. Der Sohn des damaligen Baumeisters Paul Alfred Kesseler, der in Krefeld lebt, hat den Bau in einem Brief an unseren Verein als Friedensmahnmal und Denkmal bezeichnet. Er ist mittlerweile eines von 86 Mitgliedern des Vereins. Über den später ergänzten Turm kann man sicher architektonisch streiten, aber er passt.

Was glauben Sie, wann das Presbyterium noch mal mit Ihnen spricht?

Ich habe keine Hoffnung, mit diesem Presbyterium in seiner jetzigen Struktur zu einer vernünftigen Lösung zu kommen. Ich bin Verfechter der presbyterischen Idee, aber Presbyterien müssen sich Gedanken machen, wie sie mit Mehrheiten umgehen. Der Großteil der Stimmen in der evangelischen Kirchengemeinde Alt-Krefeld kommt aus deren Außenbezirken, nicht aus dem Bezirk der Alten Kirche. Diese Mehrheit bestimmt aber über die Zukunft der ältesten Gottesdienststätte der Stadt.

Wie sieht das Verhältnis zwischen Ihnen und dem Presbyterium aus?

Es ist nicht die Frage, wie ich zum Presbyterium stehe, sondern wie das Presbyterium zu mir steht. Mir wird vorgeworfen, meine Bestrebungen seien „gemeindeschädigend“. Ganz neu ist, dass es mir schwergemacht wird, weiter Konzerte in der Alten Kirche zu veranstalten.

Was heißt das?

Der Vorwurf ist, dass sie die Gemeinde Geld kosten. Dabei haben die Musiker geringe Honorare bekommen und wurden über Eintritte oder Sponsoring bezahlt. Aber jetzt wird von den Kosten für Toilettengänge der Besucher oder Strom, die die Gemeinde tragen müsse, gesprochen. Ich habe den Eindruck, dass Konzerte, die ich mit verantworte, kritisch gesehen werden. Währenddessen werden andere auch honorarmäßig aus Mitteln des Haushalts getragen. Ob es diese oder die von mir mitorganisierten sind, eigentlich sind sie alle Teil der Gemeinde. Für mich gehört die kulturelle Dimension zum Evangelium. Ich werde nun versuchen, die formalen Vorschriften der Verwaltung zu erfüllen und Gespräche zu führen, um die Reihe der Konzerte fortführen zu können.

Glauben Sie, dass es in der Zukunft eine Lösung für die Finanzprobleme geben kann?

In diesem Zusammenhang finde ich interessant, dass die Machbarkeitsstudie einen großen Teil dessen gekostet hat, was die Gemeinde mit zirka 20 000 Euro als Haushaltsdefizit pro Jahr für die Alte Kirche hat. Ansonsten sagen Experten, dass die Kirchensteuer auch in diesem Jahr um sechs Prozent steigt. Das eigentliche Problem sehe ich darin, dass der Verwaltungsapparat der gesamten Kirche ständig wächst. Der Umfang der Verwaltung müsste nach unten verändert werden. Eine Schreckensvision — nicht von mir erdacht, aber meiner Meinung nach richtig — ist die von der gemeindefreien Kirche.

Kommt die Alte Kirche eigentlich in Ihren Gebeten vor?

Wenn sie nicht in meinem Bitten vor Gott vorkäme, hätte ich schon vor langer Zeit aufgegeben, schon lange aufgeben müssen. Es fühlt sich so manchmal an wie der Kampf von David gegen Goliath. Gerade die Angelegenheit mit der Alten Kirche ist so bezogen auf den Auftrag, den wir als Gemeinde haben, dass ich sie auf betendem Herzen trage. Obwohl ich den Verstand nicht ausschalte. Bei allem muss man sich fragen, ob Gegenwärtiges und Geplantes vor Gott zu verantworten und für das Leben der Gemeinde wichtig ist. Mit dem, was uns aus der Vergangenheit anvertraut ist, müssen wir so umgehen, dass es für die Zukunft bezeugt, was die Botschaft der Kirche zu sagen hat. Dazu gehört für mich auch, dass das Mahnmal stehen bleibt.