Krefeld In Krefeld fehlen Zweiraum-Wohnungen

Für das Institut der deutschen Wirtschaft plant Krefeld mit dem überwiegenden Bau von Einfamilienhäusern am Bedarf vorbei.

Foto: A. Bischof

Krefeld. In Krefeld fehlt Wohnraum. Laut Verwaltung werden 6500 Wohnungen bis zum Jahr 2020 benötigt. 24 Nachverdichtungsvorhaben und sechs Siedlungserweiterungen werden deshalb von der Bauverwaltung aktuell vorgeschlagen. Unter anderem auch das Neubaugebiet Fischeln-Südwest. In drei Bauabschnitten sollen dort 517 Wohnungen entstehen. Mehr als zwei Drittel davon sind als Einfamilien- und Doppelhaushälften geplant. „Während in Krefeld der Bedarf an Fünf-Raum-Wohnungen zu 206 Prozent längst gedeckt ist, ist er bei den Zwei-Raum-Wohnungen gerade mal zu sechs Prozent gedeckt“, merkt Daniel John an.

Der baupolitische Sprecher der Grünen macht mit dieser Anmerkung auf die aktuelle Baubedarfsanalyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln aufmerksam. „Vielerorts wird am Bedarf vorbei gebaut“, sagt Dr. Philipp Deschermeier. Er und weitere Mitarbeiter des Instituts haben mithilfe des IW-Baubedarfsmodells berechnet, dass im Zeitraum 2011 bis 2015 allein in den sieben größten Städten in Deutschland nur 32 Prozent der benötigten Wohnungen auch gebaut worden sind. „Besonders gravierend ist der Mangel an kleinen Wohnungen, von den benötigten Zweiraumwohnungen wurde nur ein Fünftel gebaut“, lautet das Fazit des Instituts.

Allein in Krefeld ist in diesem Zeitraum laut Deschermeier doppelt so viel an neuen Fünf-Raum-Wohnungen gebaut worden, wie laut Bedarf benötigt werde (214 Prozent). Ein-Raum-Wohnungen (Minus 130 Prozent), Zwei-Raum-Wohnungen (gerade mal zu sechs Prozent ist hier der Baubedarf gedeckt) wie auch Vier-Raum-Wohnungen (Minus 42 Prozent) seien hingegen viel zu wenig oder gar nicht gebaut worden. Eine Bestandsanalyse, die Daniel John und die Grünen bestärkt.

„Ich sehe es als eine kritische Entwicklung an, weitere große Wohneinheiten auf der Grünen Wiese zu entwerfen“, sagt John mit Blick auf die zunehmende Flächenversiegelung. Im Hinblick auf eine immer älter werdende Bevölkerung und die demografische Entwicklung in Krefeld hält er es für sinnvoller, innerhalb von bestehender Bebauung alte Wohnungen zu sanieren, noch vorhandene Baulücken zu schließen und Grundstücke mit eingeschossigen Gebäuden vor allem in der Innenstadt aufzustocken. „In der Analyse sind wir uns mit Haus und Grund Krefeld sehr einig“, erklärt John.

Sowohl Geschäftsführer Michael Heß wie auch die Grünen zweifeln den von der Verwaltung benannten Wohnungsneubedarf bis 2020 für Krefeld an. Die Stadt sieht innerhalb von Krefeld einen steigenden Bedarf von 3000 Wohnungen, durch den „Überschwapp-Effekt“ von Düsseldorf in die Region weitere 2100 Wohnungen und durch den Zuzug von Geflüchteten mit Bleibeperspektive zusätzlich noch den Bedarf an weiteren 1400 Wohnungen. Insgesamt 6500 Einheiten.

Notwendig sei diese Bautätigkeit, weil in der Vergangenheit zu wenig gebaut worden sei. In den Jahren 2013 bis 2015 sind in Krefeld jährlich nur etwa 240 Wohnungen neu gebaut worden. Auch ist die Zahl der Krefelder Einwohner laut Verwaltung wieder gestiegen. John hat da so seine Zweifel. „Laut aktuellem Einwohnerregister ist die Zahl der Einwohner nicht in den vergangen fünf Jahren gestiegen, dafür aber die Zahl derjenigen, die nun in Krefeld ihren Hauptwohnsitz haben.“ Grund hierfür ist die seit 2016 geltende Zweitwohnsitzsteuer.

Die Stadt treibt sowohl in der Nachverdichtung als auch der Siedlungserweiterung weitgehend parallel die erforderlichen Verfahren mit Hochdruck voran. Aufgrund der geringen Zeit bis 2020 und personeller Engpässe in der Bauverwaltung rechnet Dezernent Martin Linne damit, dass mit der im Januar vorgelegten Prioritätenliste lediglich 52 bis 60 Prozent des prognostizierten Bedarfs realisiert werden kann. Konkrekt: 3350 bis cirka 3900 neue Wohnungen. Mehr sei nicht drin.

„Im Ziel sind wir uns alle einig“, sagt John, „wir wollen qualitätsvollen, bezahlbaren, attraktiven neuen Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen.“ Um das Ziel jedoch zu erreichen, sei zunächst eine Analyse des Krefelder Wohnungsmarktes vonnöten und eine Erfassung des vorhandenen Leerstandes bei Wohnraum.

Das statistische Jahrbuch der Stadt gibt zwar Auskunft darüber, wie viele Wohngebäude es in Krefeld (45 379) und wie viele Räume es darin gibt (119 662), aber eine detaillierte Übersicht über die verschiedenen Wohnungsgrößen mitsamt der Zimmer fehlt.

„Man muss die Zahlen da teilweise selbst errechnen, um auf die anteiligen Prozentzahlen zu kommen“, sagt John. Als Beispiel nennt er den Anteil der Einfamilienhäuser. Von 45 379 Gebäuden im Jahr 2015 hatten 27 922 nur eine Wohnung und sind somit als Einfamilienhaus einzustufen. „62 Prozent der Wohngebäude in Krefeld sind demnach Einfamilienhäuser.“ Eine Entwicklung, die das IW Köln bundesweit erkennt — und kritisiert.

„Mit der steigenden Zahl an Singles und älteren, alleinlebenden Menschen verändert sich der Bedarf an Wohnraum“, erklärt der baupolitische Sprecher Daniel John. Auch würden immer mehr ältere Hausbesitzer ihre Immobilien verkaufen und in kleinere, aber barrierefreie, moderne Wohnungen in der Stadt ziehen wollen. Für diese Zielgruppen fehlten entsprechende Angebote in Krefeld. „Vor allem Zweiraum-Wohnungen.“