Krefeld hautnah „Inrather Probleme brauchen 30 Jahre, um gelöst zu werden“

Der Bürgerverein Inrath, gegründet vor 68 Jahren, kämpft gegen zunehmenden Verkehr, einen Wertstoffhof im Stadtteil und vieles mehr.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Seinen „Stierschädel“ hat Rolf Hirschegger von seinem Vater, sagt der 72-Jährige. Ein Dickkopf, der die Interessen der Inrather als Vorsitzender des Bürgervereins Inrath entsprechend zu vertreten weiß. Das zeigt allein schon der Blick auf seine Zeit als Vorsitzender. Während seine Vorgänger zwischen vier und fünf Jahre im Amt waren — einzige Ausnahme Georg Rixen mit zwölf — hat Hirschegger das Amt mittlerweile 30 Jahre inne.

Das ist nicht nur eine interessante Zahl, weil sie von Beständigkeit, Verlässlichkeit und unzweifelhaft auch von Erfolgen zeugt. Zufällig gibt es am Inrath auch einen Spruch, den Hirschegger gern zitiert: „Bei Problemlösungen gilt die Inrather Zeitrechnung. Eine Zeiteinheit beträgt etwa 30 Jahre. So lange dauert es mindestens, bis ein Inrather Problem angegangen, diskutiert und eventuell gelöst wird.“ Das klingt nach dicken Brettern, die Hirschegger und seine Mitstreiter im 1949 gegründeten Bürgerverein Inrath bohren mussten und müssen.

Beispiele sind für Hirschegger die bereits gelöste Frage der Inrather Müllberge und ihrer Inhalte, Diskussionen um den Bebauungsplan 507 im Bereich Schroersdyk, Inrather Straße und Flünnertzdyk sowie die Forderung nach einem Ausbau des Radwegs Flünnertzdyk, der Erschließung des Schroersdyk und der Öffnung der Hülser Straße, um Fußgängern die Überquerung zu erleichtern. „Es gibt viele bekannte und in ihren Ursachen und Ursprüngen geleugnete Probleme im Inrath“, sagt Hirschegger, der aus Bockum kommt und 1981 an das Inrath zog. Damals sei er gefragt worden, ob er sich das gut überlegt habe. Der Hintergrund sei der Ruf des Stadtteils gewesen. Er und seine Frau hätten die Entscheidung nicht bereut. „Wir wurden sehr schnell von den Inrathern angenommen. Die Lage ist positiv. In kurzer Entfernung das Krefelder Grün, in kurzer Entfernung Einkaufsmöglichkeiten und Verkehrsanbindung.“

Rolf Hirschegger, Vorsitzender des Bürgervereins Inrath

Gutes bewahren, Schlechtes verhindern oder auflösen ist Anliegen des Bürgervereins, wenn er beispielsweise gegen eine zunehmende Ansiedlung von Handelsgewerbe am Inrath oder gegen einen Wertstoffhof im Norden kämpft. Dass laut Stadt, die 15 Müll-Standorte prüfte, nur ein Grundstück an Mevissenstraße/Birkschenweg am Inrath in Frage kommen soll, sieht der Bürgerverein anders und fordert eine neuerliche Prüfung für Areale in Hüls und Fischeln.

Ein weiteres Sorgenkind ist das Kapuzinerkloster an der Hülser Straße, das — im Besitz von Siempelkamp — nun doch nicht, wie ursprünglich geplant, in ein Tagungszentrum umgewandelt werden soll. Stattdessen sollen Teile abgerissen werden, um Platz für einen Neubau zu machen. Eine mehr als 120-jährige und fürs Inrath identitätsstiftende Geschichte sieht der Bürgerverein in Gefahr. Aber, so Hirschegger: „Wenn es das Inrath für richtig hält, wenn es die Pfarre für richtig hält, dass 125 Jahre Religionsgeschichte im Inrath verschwinden und an dieser Stelle ein Neubau errichtet wird, über dessen Gestaltung und Einfügung in das Gesamtbild mit der Kirche St. Elisabeth man trefflich diskutieren kann, so wird der Bürgerverein das akzeptieren und das Thema zu den berühmten Akten legen.“

Das Thema Siempelkamp beschäftigt den Verein aus vielen Gründen schon seit Jahren. Einst war die Kommunikation mit der Firma unter dem damaligen Geschäftsführer Michael Szukalla so gut, dass sogar ein Unternehmensvertreter im Vorstand des Bürgervereins saß. Das ist nun allerdings geändert worden.

Was Beschwerden von Anwohnern unter anderem über Dreck und Lärm angeht, habe sich der Bürgerverein immer als „Mittler zwischen den Anwohnern und dem Unternehmen“ gesehen, so Hirschegger, dessen Verein kürzlich, wie bereits 2011, eine Anwohnerbefragung organisierte. Doch man werde als „Arbeitsplatzgefährder und sogar als Vernichter beschimpft“, wenn man sich äußere.