Krefeld Interview: Ist diese Fahrradhalle ein Denkmal?

Die WZ spricht mit Denkmalpfleger Veit Berroth über die stadtgeschichtliche Bedeutung des Eiermann-Gebäudes (Stadthaus) und die angrenzende Fahrradhalle.

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Krefeld. Egon Eiermann ist einer der bedeutendsten Architekten der Nachkriegszeit in Deutschland. Von dem ehemaligen Meisterschülers Hans Poelzig stammen neben der neuen Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin (1961) und der Verwaltungsgebäude für IBM und Olivetti in Stuttgart und Frankfurt (1970) auch das Stadthaus am Konrad-Adenauer-Platz. Dieses hat er ursprünglich für die Verseidag für deren Verwaltung, Fertigwarenlager und Versand gebaut. Die Stadt überlegt, den denkmalgeschützten Gebäudekomplex zu sanieren. Augenmerk verdient dabei auch die frühere Fahrradhalle, die unter ihrer Wellblech-Verschalung fast originär erhalten, aber kaum noch zu erkennen ist. Über die architektonische Bedeutung spricht die WZ mit Denkmalpfleger Veit Berroth.

Foto: Stadtarchiv

Was ist das Besondere an diesem vermeintlichen Fahrrad-Schuppen?

Veit Berroth: Stellen Sie sich vor, alle Blechaußenwände wären weg, kommt eine ganz grazile Konstruktion zum Vorschein, die ein sogenanntes Schmetterlingsdach trägt. Die Entwässerung erfolgt über die Mitte des Gebäudes, dadurch hat das Dach einen aufstrebenden Charakter. Nur das Hausmeisterzimmer, die Toilette und die dreiseitig verglaste Pförtnerloge sind in das 12 x 43 Meter große Gebäude als Kuben reingebaut worden. Ansonsten sah man ursprünglich nur die Streben. Eiermann hat bei seinen Bauten jedes Detail geplant, bis zur letzten Schraube. Deshalb sind vermutlich auch interessante Details bei der Fahrradhalle zu finden.

Sollte die Fahrradhalle im Rahmen einer Sanierung in den Originalzustand wieder zurückgebaut werden?

Berroth: Ja. Bislang ist sie noch nicht als Denkmal eingetragen und als solches auch nicht zu erkennen. Wir tragen derzeit die Informationen für ein Gutachten zusammen, dass die Denkmalfachbehörde beim Landschaftsverband Rheinland erstellt. Deshalb kann ich zu dem jetzigen Zeitpunkt zu Details noch nicht viel sagen. Aber alle Fachleute sind von dem Bau begeistert. Ich gehe davon aus, dass die Fahrradhalle als Denkmal unter Schutz gestellt wird.

Soll die Halle nach der Sanierung als Abstellfläche für Fahrräder wieder genutzt werden?

Berroth: Das ist von der Bauverwaltung so angedacht. Krefeld ist eine fahrradfreundliche Stadt und möchte den Fahrradverkehr fördern. Eine moderne Fahrradabstellanlage in einer historischen Anlage wäre da vorbildlich.

Die Kosten für die Sanierung sind in der Verwaltungsvorlage mit 550 000 Euro veranschlagt. Sind Fördergelder denkbar?

Berroth: Zu dem jetzigen Zeitpunkt möchte ich dem noch nicht vorgreifen. Denkbar ist aber eine Fördermöglichkeit durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz.

Wie hat sich die Fahrradhalle von einem filigranen offenen Unterstand in eine hässliche Großgarage verwandelt?

Berroth: Um Detailliertes über den Originalbestand zu sagen, müssen erst die Kisten mit Originalplänen gesichtet werden. Es gibt aber einen Bauantrag für das gesamte Verwaltungsgebäude von Eiermann im Original aus dem Jahr 1953. Auch liegt ein Foto aus der genutzten Halle heraus vor, das zeigt, dass das Schmetterlingsdach einige Jahre freigestanden hat. Es zog darunter aber heftig. Das ist aus einer Zeichnung Eiermanns für eine nachträglich eingebaute Glaswand zu schließen. Die freistehende Rückwand aus Stahlprofilen und Drahtglas war aber nicht mit dem Dach verbunden. Das Baujahr dieser Ergänzung ist noch nicht bekannt. In den späten 70er Jahren wurde das Verseidag-Areal am Konrad-Adenauer-Platz zum Stadthaus umgebaut. Wahrscheinlich ist in dieser Zeit die Verkleidung der Halle gemacht worden.

Heute ist nur noch eine mit Wellblech verschalte Halle von Außen zu sehen.

Berroth: Ja. Mit Übergang der Verseidag an die Stadt Krefeld Ende der 70er Jahre ist die Fahrradgarage in eine Autogarage umgebaut worden. Wegen der dort geparkten Dienstwagen, vor allem aber wegen der kostspielig ausgerüsteten, dort abgestellten hochempfindlichen Messwagen sollten die Räume abschließbar sein. Dazu wurden weitere Stützen für die Tore aufgebaut, die aber nur drauf geschweißt wurden. Das ist reversibel und lange her. Damals wurde die nüchterne aber filigrane Architektur von Egon Eiermann noch nicht wert geschätzt. Mit diesem Umbau hat die Fahrradhalle allen gestalterischen Charme verloren.

Bereits jetzt werden Stimmen laut, die nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Unterschutzstellung fragen. Was ist ihr Argument/ihre Antwort als Denkmalpfleger darauf?

Berroth: Die Unterschutzstellung soll sicherstellen, dass ein architekturgeschichtlich bedeutendes Objekt erhalten bleibt. Sie schreibt aber keine künftige Nutzung zwingend vor, allerdings ist die zur Zeit angedachte Revitalisierung der Nutzung für den Fahrradverkehr denkmalfachlich ideal. Es sind auch andere Konzepte denkbar. Diese müssten auf ihre Verträglichkeit mit dem Denkmal geprüft werden.

Wann rechnen Sie mit einer verbindlichen Aussage der Denkmalfachbehörde?

Berroth: Noch im Juli wird ein Ortstermin stattfinden und wir hoffen auf bevorzugte Bearbeitung. Das Werk Eiermanns ist von nationaler Bedeutung, weshalb dem Gutachten bestimmt Priorität eingeräumt wird, allerdings ist die Einordnung der Werke der klassischen Moderne ein sehr komplexes Thema und erfordert Sorgfalt. Ich hoffe, dass wir im Herbst eine Vorlage für den Kultur- und Denkmalausschuss auf Basis des Gutachtens erstellen können.