Jugend forscht Leonardo da Vinci ist Schirmherr von Jonathans Projekt
Der Neunjährige hat sich für „Schüler experimentieren“ einer Fallschirm-Skizze aus dem Jahr 1485 gewidmet. Über die Motivation eines jungen Tüftlers.
Fällt er vom Himmel wie ein Stein? Dreht er Loopings und verliert die Orientierung? Oder gleitet er majestätisch aus luftigen Höhen Richtung Erde? Dieser Frage hat sich Jonathan Herbst mit Blick auf eine Fallschirm-Skizze von Leonardo da Vinci aus dem Jahr 1485 gewidmet.
Der Neunjährige aus Neuss kommt aus einer Familie, in der das Fliegen und die Naturwissenschaften eine große Rolle spielen. Der Vater ist Physiker, beide Großväter waren in Luftfahrt-Instituten beschäftigt. Mit Opa Dirk in der Cessna ist der Viertklässler der St. Martinus-Schule Uedesheim schon häufiger in die Luft gegangen.
Doch wie kommt ein Genie wie Leonardo im ausgehenden Mittelalter dazu, einen Fallschirm zu kritzeln, dessen Tauglichkeit erst 500 Jahre später nachgewiesen wird? Für Jonathan ein Motiv, der Sache auf den Grund zu gehen. Mit Uhu, Schere, Pappe, Faden, Zirkel und Knetgummi baute der Schüler den Leonardo-Schirm nach. Und weil der Junge bereits mit seinem Papa „Jugend forscht“ beziehungsweise „Schüler experimentieren“ besucht hat, will er nun unbedingt sein Experiment beim Regionalwettbewerb vorstellen.
Am 3. März präsentiert Jonathan das Ergebnis seiner fünf Monate währenden Studie in Krefeld beim Jubiläums-Wettbewerb, den die Unternehmerschaft Niederrhein zum 25. Mal ausrichtet. Im Seidenweberhaus sowie im benachbarten Stadttheater können die insgesamt 187 Beiträge von 14 bis 16 Uhr besichtigt werden.
„Ich glaube, Leonardo hat absichtlich Fehler in seine Skizzen eingebaut, damit sie nicht abgekupfert wurden“, sagt Jonathan. Dass erst der Brite Adrian Nicholas vor 20 Jahren nachwies, dass der Leonardo-Fallschirm trotz des fehlenden Lochs in der Mitte funktionstüchtig ist, gab Jonathan den Auftrieb, so lange zu experimentieren, bis es auch bei ihm klappte.
Im Neusser Kreishaus schwebte Jonathan nach einem Test-Marathon schließlich auf Wolke sieben. „Im hohen Foyer stimmen alle Voraussetzungen: kein Wind, die große Fallhöhe, ein sicheres Umfeld“, so der Neunjährige.
An einigen Orten war Jonathan vor dem Kreishaus-Durchbruch mit seinen insgesamt 20 Pappkameraden gescheitert: Der heimische Garten im ländlichen Uedesheim, wo der Wind störte. Die örtliche Friedenskirche, wo die Leiter nicht hoch genug war. Das Neusser Rathaus, wo zwar Höhe, aber auch viele architektonische Widerstände den Abgang jäh bremsten.
Erst das Kreishaus war perfekt, fast wie für Jonathan gebaut. Das 1962 als „modernstes Kaufhaus Westdeutschlands“ unter Horten erbaute Haus zählt in seiner weißen Strahlkraft zu den markantesten Gebäuden im Rhein-Kreis. Heute ist es die Experimentierwerkstatt für einen neunjährigen Schüler. In seiner Kreativität bastelte Jonathan zusätzlich einen Fallschirm aus drei gleichseitigen Dreiecken – bei Leonardo waren es vier. „Drei oder vier, das spielt keine Rolle. Ebenso wenig die Schwere des Fallschirms. Papier oder Pappe, völlig egal“, beschreibt Jonathan seine intuitive Vorgehensweise, die aus der spielerischen Welt des Kindes rührt. Zum Beschweren, damit der Parapluie im freien Fall nicht aus der Balance gerät, nahm der Tüftler Knetgummi. „Die Schwere der Knetmasse ist entscheidend, damit der Schirm nicht kopfüber auf dem Boden landet“, fand Jonathan heraus.
Bei den langen Wegen im Neusser Kreishaus von Parterre bis fast unter die gläserne Dachkuppel gingen ihm seine beiden jüngeren Brüder Daniel (8) und Benjamin (6) zur Hand. Ein Familienprojekt, in dem Jonathan der Anführer gewesen ist und Vater Olaf mit der Stoppuhr in der Hand staunend zuschaut.
Soweit es die mathematischen Fähigkeiten eines Viertklässlers erlauben, hat Jonathan seine Versuche auf Formeln und Gleichungen gebracht, wobei Begriffe wie Reibungskraft, Beschleunigungsphase, Fallgeschwindigkeit und Mittelwerte von Bedeutung sind.
Jonathans Resümee, das er der Jugend-forscht-Jury am 3. März in Krefeld vortragen will: „Alle Fallschirme haben ihren Zweck erfüllt, den Aufprall abzumildern. Leonardos Schirm funktioniert.“ Red.