Kabarett Zingsheim knipst das Kopfkino an
Krefeld · 2014 hat der Kabarettist eine Vorpremiere seines Programms in der Kulturrampe gespielt – damals fast unbeachtet. Nun kehrte er für den Kabarettabend des DJK SV Adler Königshof zurück.
Wo Martin Zingsheim auftritt, gastieren auch Charme, Hintersinn und Witz. Der promovierte Kabarettist ist ein kluger Kopf mit einer flinken Zunge und ein Meister des geschliffenen Wortes. Mit seinem Lausbubencharme umgarnt er nicht nur das Publikum im mit 350 Zuhörern ausverkauften Evonik-Kasino, man verzeiht ihm auch das ein oder andere böse Wort. Etwa wenn er en passant Friedrich Merz als „reptiloid“ klassifiziert.
In der nunmehr fast 30-jährigen Kabarett-Geschichte des Sportvereins DJK SV Adler Königshof ist der Auftritt des 34-jährigen Kölners ein weiteres Highlight. Dabei wurde schon zum 17. Mal der Evonik-Adler-Ehrenpreis verliehen, der Krefelder Bürger für lange ehrenamtliche Arbeit auszeichnet. Der Preis ging an den 82-jährigen Günter Oehms, der im Haus der Seidenkultur die Geschichte der Weber lebendig werden lässt (siehe Info).
Die Wahl für Zingsheim zeigt wieder einmal den Riecher der Verantwortlichen für humoristische Qualität. Wie kaum ein anderer der Szene setzt der Künstler auf unterhaltsame Weise intellektuelle Glanzlichter. Seine Wortsalven sprudeln oft derart aus ihm heraus, dass es schwerfällt, ihm zu folgen. Schon deshalb, weil er gerne hintersinnig formuliert und sich der tiefere Sinn erst bei genauem Hinhören erschließt. Leider bleibt zwischen den vielen Pointen kaum Zeit zum Luftholen. Dabei lohnt sich das Zuhören schon deshalb, weil seine Gags selten vorhersehbar und wenn doch, dann so gekonnt inszeniert sind, dass man sich das Lachen selbst dann nicht verkneifen kann.
Krefeld ist ein nicht unwesentlicher Ausgangspunkt seiner Karriere. Der Gewinn der Krefelder Krähe 2013 im Nachwuchswettbewerb beförderte seinen steilen Aufstieg, bei dem er Jahr für Jahr die Kleinstkunstpreise deutscher Bühnen abräumt. Der vielseitige Künstler, der aktuell mit drei verschiedenen Programmen unterwegs ist, hatte dieses Mal „Kopfkino“ ausgewählt – eine sprachlich virtuose Ein-Mann-Show über Gott und die Welt, Liebe und Hass, Erziehung und Pauschalreisen. Die Vorpremiere zu „Kopfkino“ absolvierte er 2014 – fast unbeachtet – in der Krefelder Kulturrampe. Seitdem hat er das Programm immer wieder aktualisiert.
Nicht geändert hat sich sein Scharfsinn, mit dem er alles aufspießt, was ihm gesellschaftspolitisch auffällt. Angenehm dabei ist, dass er dies nie belehrend mit erhobenem Zeigefinger macht, sondern die Wertung dem Publikum überlässt, was er zuvor mit seinem Kopfkino implementiert hat. „Mit den Bildern müsst ihr nun selber fertigwerden“, verabschiedet er sich verschmitzt. Zuvor erleben die Zuhörer die Vielfalt seines Repertoires. So vergleicht er die musikalisch traurigen 90er Jahre („Neinties“) mit den stürmischen 60er Jahren und karikiert rebellische Personen wie Rudi Dutschke und Kevin Kühnert – welch ein Vergleich. Bissig kann er auch, etwa wenn er sinniert, ob Elektroschocks mit Ökostrom humaner sind. Oder nachdenklich: „Der Islam gehört schon wegen des Antisemitismus zu Deutschland.“
Dazwischen verblüfft er mit Wortkaskaden aus tierischen Redewendungen und nimmt sich als Veganer selbst auf den Arm. Als vierfacher Vater weiß er natürlich alles über die Erziehung mit all ihren Klippen. Schade ist, dass der talentierte Musiker an diesem Abend auf Kostproben seines stimmlichen und instrumentalen Könnens verzichtet. Aber dafür gibt es ja zwei weitere Programme: eines mit Musikeinlagen und ein rein musikalisches mit Band.