Kampf gegen Jugendkriminalität
Gegen 1414 junge Menschen wurde 2010 ein Strafverfahren eingeleitet.
Krefeld. Im letzten Jahr wurde in Krefeld gegen 1414 Jugendliche im Alter von 14 bis 20 Jahren ein Strafverfahren eingeleitet. Im Vergleich zu den letzten Jahren hat sich die Zahl kaum verändert. An der Spitze der begangenen Straftaten steht nach wie vor der einfache Diebstahl. Die Jugendgerichtshilfe versucht mit verschiedenen Maßnahmen, die Kriminalität zu bekämpfen.
Am höchsten ist der Täteranteil in den Bezirken „Mitte“ und „Süd“, während er in „Hüls“ am geringsten ist. Die Täter sind zumeist männlich (72 Prozent) und viele von ihnen besuchen die Hauptschule. 680 sind zum wiederholten Mal strafrechtlich in Erscheinung getreten.
Um Wiederholungs- und Intensivtäter gezielt zu betreuen, arbeiten Jugendgerichtshilfe (JGH), Polizei und Staatsanwaltschaft zusammen. Vierteljährlich treffen sie sich und tauschen sich darüber aus, wer als Mehrfachtäter eingestuft werden muss.
„Als Kriterien sind neben der Häufigkeit und der Art der Tat besonders die individuellen Risikofaktoren wichtig“, erklärt Norbert Axnick, Abteilungsleiter des Bereichs Jugend der JGH. Wird ein Jugendlicher als Wiederholungstäter eingestuft, versucht die Justiz den Prozess zu beschleunigen, um die zeitliche Nähe zwischen Tat und Strafe gering zu halten.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer lag 2010 bei 7,1 Monaten. Die JGH wird allerdings oft bereits vor dem eigentlichen Verfahren aktiv und bringt Maßnahmen auf den Weg.
An dieser Stelle kann es auch zum „Täter-Opfer-Ausgleich“ kommen. Die Staatsanwaltschaft entscheidet, ob der Beschuldigte für solch einen Ausgleich infrage kommt. Ausschlusskriterien können ein Suchthintergrund, sexueller Missbrauch oder die Tatsache sein, dass kein personifizierbares Opfer vorhanden ist, wie zum Beispiel beim Ladendiebstahl.
Zunächst werden sowohl mit dem Beschuldigten, als auch mit dem Geschädigten Vorgespräche geführt. Das Mitmachen ist freiwillig. „Viele Opfer können hier zum ersten Mal über das, was passiert ist, sprechen“, erklärt Mary Adolphsen, verantwortlich für den Täter-Opfer-Ausgleich des Katholischen Vereins für soziale Dienste. Aber auch vielen Tätern sei daran gelegen, den Sachverhalt zu klären und die Tat für sich aufzuarbeiten.
Wenn beide Seiten einverstanden sind, kommt es zum gemeinsamen Gespräch. Die Ergebnisse können vielfältig sein. Sie reichen von einer Entschuldigung, über Schmerzensgeldvereinbarungen bis hin zur freiwilligen Leistung von Sozialstunden. Der Täter-Opfer-Ausgleich kann auch Auswirkungen auf das Strafverfahren haben.
„Nach dem Ausgleich schicken wir einen Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft. Wenn der positiv ausfällt, kann ein Verfahren auch schon einmal eingestellt werden“, sagt Adolphsen. Weitere ambulante Maßnahmen sind unter anderem das Anti-Gewalt-Training und die Teilnahme an deliktspezifischen Projekten.
Neben dem einfachen Diebstahl, stehen Körperverletzung, Betrug, Beförderungserschleichung, Sachbeschädigung und der Besitz von Betäubungsmitteln weit oben auf der Liste der durch junge Menschen begangenen Straftaten. Als typische Delikte Jugendlicher stuft die JGH auch das Fahren ohne Fahrerlaubnis und den schweren Diebstahl ein.
12,5 Prozent der Täter hatten einen ausländischen Hintergrund. Die AWO Krefeld hat 2010 180 türkische Täter speziell betreut. Günther Bolten, Sozialarbeiter und Sachbearbeiter der JGH, macht klar: „Türkischstämmige Menschen sind nicht straffälliger als andere.“ Sie bräuchten aber eine andere Betreuung, da sie aus anderen Gründen straffällig würden.
„Die Themen Ehre und Tradition spielen da eine ganz große Rolle“, so Bolten. Ihm ist wichtig, nah an den Menschen dran zu sein — also ist er oft in den Vierteln der jungen Türken unterwegs. Außerdem kann er in seiner Arbeit auf ein breites Netzwerk zurückgreifen. So arbeitet er mit der türkischen Beratungsstelle, der Hausaufgabenhilfe, oder der islamischen Denkfabrik zusammen.
„Neben der eigentlichen Jugendgerichtshilfe, führe ich viele Gespräche, zeige Präsenz vor Ort und versuche, präventiv auf die Jugendlichen einzuwirken“, erklärt Bolten. Häufige Probleme seien die nicht vorhandene Sprachkompetenz und die mangelhafte Schulbildung. „Da muss man was tun. Da können wir die Jugendlichen dank unseres großen Netzwerks fördern und unterstützten“.