Babyzeichensprache Kinder sprechen, bevor sie sprechen können
Babyzeichensprache ist auf dem Vormarsch. Auch in Krefeld werden Kurse angeboten.
Krefeld. Hätten Sie gewusst, dass Sie sich mit Ihrem Baby unterhalten können, lange bevor es sprechen kann? Die Babyzeichensprache verspricht genau das. Und begeistert immer mehr Eltern. Am Samstag bietet auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) auch in Krefeld einen ersten Workshop an, ab April findet dann ein richtiger Kurs für Eltern und Kinder statt.
Die Idee: Bis die Mundmotorik soweit ausgefeilt ist, dass Kinder sich verbal äußern können, braucht es eine Weile. Die kognitiven Voraussetzungen sind aber schon viel früher gegeben. Schon ab einem Alter von sechs Monaten können Babys Dinge begreifen und unterscheiden zu können, etwa Schaf, Hund und Ball oder eigene Empfindungen wie Hunger oder Durst.
„Jede Mutter kennt wohl die Situation: Mein Kind schreit und ich klappere eine Liste ab, um irgendwann herauszufinden, dass es nicht eine volle Windel oder Bauchschmerzen sind, sondern eine trockene Kehle ist“, erklärt Vivian König, die Geschäftsführerin von Zwergensprache GmbH. Sie hat das Konzept aus England mitgebracht, wo die Babyzeichensprache schon seit langem etabliert ist. „Dadurch, dass mein Kind sich schon früh ausdrücken kann und seinen Bedürfnissen Gehör verschaffen kann, ist die Frustration extrem gering. Der Alltag ist viel entspannter.“
Beruflich hat Vivian König einige Zeit in England verbracht und bei einer Freundin und ihrem zehn Monate alten Sohn diesen besonderen Umgang beobachten können. „Anfangs war ich skeptisch“, gibt sie zu. Der Gedanke, das Kind zu früh zu intellektualisieren, gefiel ihr nicht. „Aber darum geht es gar nicht: Das Potenzial ist ja längst da, den Kindern wird nur dabei geholfen, den eigenen Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen.“ Als sie dann mit ihrem neun Monate alten Sohn begann, die Babyzeichensprache zu verwenden, war sie schnell Feuer und Flamme. „Das hat vieles vereinfacht.“
Die Diplom Sozialpädagogin Claudia Weber ist die Leiterin der DRK-Familienbildung. Sie ist von einem ganz bestimmten Aspekt der Babyzeichensprache begeistert: „Die Eltern lernen dabei, sich ganz intensiv auf ihre Kinder zu konzentrieren und sie noch besser zu verstehen. In Zeiten, in denen ich bei vielen Kursen schon ein Handy-Verbot für die Eltern aussprechen muss, und auf der Straße die Eltern mit einer Hand den Kinderwagen schieben, mit der anderen am Handy spielen, kann das nur segensreich sein“, betont sie.
Auch Judith Grommes, eine von Vivian König ausgebildete Kursleiterin, die den Kurs beim DRK leiten wird, findet gerade diesen Aspekt schön. Die intensiven und lustigen Momente, die man durch die Kommunikation erlebe, seien einzigartig. „Wir waren mit unserem Sohn auf dem Markt und ein Freund fütterte seinen Hund mit Leckerchen“, erzählt die junge Mutter. „Als er damit aufhörte, machte mein Sohn, gerade mal ein Jahr alt, das Zeichen für Hund und dann das für mehr. Zu sehen, dass er sich in ein anderes Lebewesen hineinversetzen kann, war großartig.“
Auch Vivian König weiß unzählige schöne Geschichten von sich und ihren zwei Kindern zu berichten: „Als ich meinem Sohn einmal sagte, dass wir jetzt zum Einkaufen in die Stadt fahren, machte er das Zeichen für Ente. Denn in der Stadt gibt es einen Teich, wo er gerne die Enten füttert. Ich sagte ihm dann dass wir sehr gerne die Enten füttern gehen, nachdem wir eingekauft haben.“ Das konnte der Kleine gut verstehen und ganz geduldig den Einkauf abwarten.
Eine Frage, die den Zwergensprachlern oft gestellt wird, ist die, ob das Sprechen mit Zeichen nicht das eigentliche Sprechen ersetzt oder verzögert. „In keinem Fall“, betont Vivian König. „Denn die Zeichen werden zum einen immer zusammen mit gesprochener Sprache verwendet. Zum anderen verstehe ich nicht, warum wir unseren Kindern oft diese Faulheit unterstellen. Sobald sie die Vorzüge der verbalen Sprache erkennen, verwenden sie die auch. Kinder wollen schließlich lernen.“
Babyzeichensprache kann grundsätzlich jedes Kind lernen, denn viele Zeichen bringen Eltern ihren Kindern ganz intuitiv bei, etwa das Winken. Auch für Kinder mit Besonderheiten oder Migrationshintergrund eignen sich die Zeichen, so dass sie auch untereinander kommunizieren können. Sie basiert auf der Gebärdensprache, kann aber auch individuell variiert werden. „Das Zeichen für Papa ist eigentlich das Deuten auf das kratzige Kinn. Da mein Mann aber einen längeren Bart hat, streichen wir uns auch wie ihn über diesen“, erklärt Judith Grommes.