„Kirche ist das Herzstück des Ortes“
St. Andreas in Gellep-Stratum droht die Schließung. Gemeindemitglieder kämpfen dagegen.
Krefeld. Um in einer Kirche beten zu können, war den Gläubigen aus Gellep-Stratum kein Weg zu weit. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts mussten sie ins Lanker Gotteshaus St. Stephan pilgern und hatten auch nur dort die Möglichkeit, ihre Toten zu begraben. In ihrem Ortsteil gab es die Einrichtungen nicht. Ein altes Kirchenblatt zeugt davon.
„Um nach Lank zu kommen, mussten die Menschen 35 Minuten stramm gehen und das nicht selten zur 6.30 Uhr-Messe“, berichten die engagierten Gemeindemitglieder Willi Pottmeier (76) und Hans-Peter Riskes (46). „In Kriegszeiten standen die entgegenkommenden Soldaten stramm und salutierten, wenn ein Trauerzug vorbeikam“, erinnert sich Pottmeier.
Die beiden Männer hoffen, dass den Gläubigen dieses Stadtteils in naher Zukunft nicht wieder ein weiter Weg bevorsteht. Noch bildet St. Andreas den Mittelpunkt der Gemeinde. Aber das Bistum Aachen wird ein Drittel weniger Gelder für die Instandhaltung aller pastoral genutzten Gebäude wie Kirchen, Büros oder Pfarrheime bereitstellen. Die GdG St. Nikolaus kann das Gemeindehaus und St. Andreas vielleicht nicht halten. Eine Umwidmung droht.
Riskes und Pottmeier hoffen jedoch, dass es noch einen Weg gibt, ihr Gotteshaus zu retten. Sie haben, wie die meisten Menschen in Gellep-Stratum, eine ganz persönliche Kirchengeschichte, die eng mit St. Andreas an der Legionstraße verbunden ist.
„Als die katholischen Gläubigen ihr eigenes Gotteshaus im Ortsteil besitzen wollten, haben die Mitglieder des Kirchenbauvereins in den damaligen Gemeinden Gellep, Stratum-Dorf, Fegetesch und Heulesheim Klinken geputzt und Geld für den eigenen Kirchenbau gesammelt“, berichtet Pottmeier. „Parallel dazu wurde 1918 ein Tanzsaal der Familie Knops angemietet und zur Notkirche umfunktioniert.“
1943 zerstörte ihn eine Luftmine. „Danach wurde der Gottesdienst in der anliegenden Gaststätte Knops gehalten und nach draußen gerichtet, wo die Bänke mit den Gläubigen vor den geöffneten Fenstern standen.“ Im Anschluss diente der Turnsaal der Schule als Raum für die Messe.
Doch dann war es endlich soweit: 1952 konnten die Männer in der Gemeinde zum Spaten greifen. „Katholiken und Nicht-Katholiken haben in die Hände gespuckt, den Boden für den Kirchenbau ausgehoben und per Förderband nach oben geschafft. Von dort fuhren ihn die Bauern weg.“ Willi Pottmeier besitzt noch ein Album mit vielen Fotos, die diese Zeit dokumentieren.
Das Grundstück hatte Andreas Schmitz — der die Gaststätte zur Rose besaß — für den Bau des Gotteshauses gestiftet. „Deshalb auch der Name St. Andreas.“ Den Entwurf legte der Krefelder Architekt Hein Stappmann vor. Das Fenster über dem Portal stammt vom Glaskünstler Gustav Fünders. Ab 1953 wurde in Gellep-Stratum getauft, geheiratet und beerdigt. „Die Kirche ist das Herzstück des Ortes.“ Den Friedhof gibt es seit 1950.
Damals wirkte Pfarrer Josef Pelzer dort. Hans-Peter Riskes: „Er hat den Pfarrsaal als Einheit unter der Kirche angelegt. Es war ein geflügeltes Wort, dass es zuerst nach oben zum Beten, dann nach unten zum Feiern ging.“ Er erinnert sich daran, als kleiner Junge dort den Kinderkarneval gefeiert zu haben. „Zuerst natürlich fand oben die Messe in Verkleidung statt.“ Den dazu gehörenden Kindergarten habe er bei Fräulein Annette besucht.
Alles, was sich im Dorf abspielte, fand und findet im Pfarrsaal statt. „Es ist bis heute der einzige Saal im Ort, der rund 50 Leuten Platz bietet.“ Beerdigungskaffees, Hochzeiten, Sitzungen des Karnevalsvereins, Weinfeste oder die Andreastage finden dort statt.
„Wenn man uns die Kirche nimmt, ist das so, als würde erneut eine Luftmine einschlagen“, erklären die engagierten Männer. „Das Bistum lässt die Gemeinde alleine“, finden sie. „Wir würden ein Schlafdorf werden.“ Dennoch glauben sie, dass es noch eine Rettung vor der Schließung gibt. Denn die Kirche sei massiv gebaut und saniert. Deshalb sei sie nicht so kostenintensiv. „Sie läuft mit normalen Betriebskosten.“
Im Dorf sei die mögliche Schließung ein Riesenthema. „Die Kirche ist wieder voll. Wir müssen unseren Mittelpunkt behalten und dazu alle Möglichkeiten ausschöpfen. Wir haben sonst nichts.“