Diakonie Krefeld & Viersen Diakonie will schon vor dem Verlust der Wohnung helfen
Krefeld · Beratungsstelle der Wohnungsnotfallhilfen zieht zur Luisenstraße 62, um die mögliche Hemmschwelle herabzusetzen, früher Beratung und Hilfe in Anspruch zu nehmen. 457 Menschen nutzen in 2022 das Angebot.
Der Anteil der Menschen in Krefeld steigt, die von Wohnungslosigkeit akut bedroht sind oder schon wohnungslos sind. 457 Einzelpersonen haben im vergangenen Jahr allein in der Beratungsstelle der Wohnungsnotfallhilfen der Diakonie deshalb nach Hilfe gefragt – und erfahren. „60 Prozent von ihnen sind bei Familie und Freunden bislang untergekommen und damit nicht obdachlos“, berichtet Jan Vander, Abteilungsleiter der Wohnungslosenhilfe. Auf der Straße würden sie nicht sichtbar sein. Um ihnen allen noch besser und vor allem früher helfen zu können, hat die Diakonie Krefeld & Viersen ihr langjähriges Konzept überdacht und die Beratungsstelle von der Lutherstraße an die Luisenstraße 62 in der Innenstadt verlegt.
Die Lutherstraße hat so manche Hilfesuchenden abgeschreckt
„Bei dem akuten Wohnungsmangel ist das der richtige Schritt, ein noch niederschwelligeres Angebot zu machen“, sagt Vander. Er und sein Team sind überzeugt davon, dass so mancher Krefelder in solch einer Situation nicht den Weg zur Lutherstraße gewählt hat, weil dort auch die Obdachlosen-Schlafstelle samt Tagestreff untergebracht ist. „Die Hürde ist für manche zu hoch“, so Vander. Die hohen, einladenden Büroräume im alten Postgebäude an der Luisenstraße sind hingegen vergleichbar mit Beratungsstellen von Schuldnerberatung, Lebensberatung oder Jobcenter. „Obdachlose sind ebenso hier willkommen, wie wir auch weiterhin aufsuchende Beratung an der Lutherstraße anbieten.“
Seit November ist das Team in den neuen Räumen. Wohnungslose und obdachlose Menschen sowie Personen, die von Wohnungsverlust bedroht sind, erhalten umfangreiche soziale Beratung. Ab diesem Jahr wird das Team auch die Haushaltspersonen erfassen, und nicht nur die Beratungssuchenden als Einzelperson. „Häufig ist ja nicht nur eine Person von dem Verlust der Wohnung betroffen“, erklärt Vander. Es gäbe eine hohe Dunkelziffer. „Wenn wir gut sind in unserer Arbeit, erreichen wir vielleicht die Hälfte“, lautet sein Fazit.
38,1 Prozent der Besucher hatten bei Beratungsbeginn kein Einkommen oder Zugang zu existenzsichernden Leistungen. Und somit auch keinen Anspruch auf Krankenversicherung. Um Anspruch darauf geltend zu machen, braucht es als Erstes eine Meldeadresse. Die Wohnungsnotfallhilfe hat im vergangenen Jahr als erste Hilfestellung 230 Postadressen verwaltet. Seit dem Umzug an die Luisenstraße seien 100 weitere dazu gekommen.
Computer mit freiem Zugang
ins Internet für die Besucher
„Die Menschen erhalten hier eine umfangreiche soziale Beratung. Im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen der Zugang zu existenzsichernden Leistungen, wir bieten postalische Erreichbarkeit, Vermittlung in andere Hilfsdienste und psychosoziale Entlastung“, fasst Vander das Angebot zusammen. Drei Sozialarbeiterinnen sind vor Ort, wie auch eine Verwaltungsmitarbeiterin am Empfang. Dort in einer Ecke steht für alle Besucher zugänglich ein Computer mit freiem Zugang ins Internet. „Wir wollen damit Barrieren beim Zugang ins Internet abbauen“, sagt Karsten Ludwig, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit bei der Diakonie.
Drei solcher Zugänge wird es demnächst durch die finanzielle Unterstützung der Aktion Mensch geben. Einer ist schon aktiv in der Bahnhofsmission an Gleis 1, der zweite wird derzeit an der Luisenstraße eingerichtet und angeschlossen, der dritte wird im Tagestreff an der Lutherstraße stehen. Vieles sei heutzutage ohne Internetzugang gar nicht mehr möglich, von der Beantragung für Ausweispapiere über die Suche nach einer Wohnmöglichkeit bis hin zum Schreiben eines Lebenslaufes. „Aber auch die Suche nach entfernten Verwandten oder auch die Kontaktaufnahme ist darüber möglich und das bringt ein Stück Lebensqualität zurück“, sagt Ludwig.