Reaktionen auf das Urteil zur Wahlrechtsreform „Es kommt wie bisher darauf an, den Wahlkreis direkt zu gewinnen“

Krefeld · Die Krefelder Reaktionen auf das Urteil zur Wahlrechtsreform fallen unterschiedlich aus.

Ansgar Heveling aus Korschenbroich ist Justiziar der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Ansgar Heveling aus Korschenbroich ist Justiziar der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Foto: Kay Nietfeld/dpa/Kay Nietfeld

Als das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Mitte der Woche sein Urteil zur Wahlrechtsreform der Ampel-Regierung verkündete, war Ansgar Heveling vor Ort. Denn als Justiziar der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist der Abgeordnete für Krefeld, Jüchen, Kaarst, Korschenbroich und Meerbusch auch für das Thema Wahlrecht zuständig. „Die Entscheidung ist von daher für mich nicht nur als Wahlkreisabgeordneter von besonderem Interesse“, sagt er gegenüber der WZ.

Müsste Heveling als direkt gewählter Abgeordneter beim nächsten Mal um sein Mandat fürchten, falls die CDU in NRW ein schlechtes Ergebnis einfährt? Hatte das Gericht doch die Bedeutung der Zweitstimme für die Zusammensetzung des Bundestags hervorgehoben und umgekehrt festgestellt, dass es „verfehlt“ wäre, wenn sich Wahlkreisabgeordnete als Delegierte ihres Wahlkreises ansehen würden. Die Erststimme für den Abgeordneten würde damit womöglich an Bedeutung verlieren. Dazu Heveling: „In Nordrhein-Westfalen hat es bisher noch nie Überhangmandate gegeben, weder für die CDU noch für die SPD. Es kommt für mich daher wie bisher darauf an, den Wahlkreis direkt zu gewinnen.“

Auch wenn das neue Wahlrecht insgesamt die Bedeutung der Wahlkreise abwerte und die Erststimmenwahl auf einen Vorauswahlmechanismus reduziere, sei er froh, dass die Bedingungen in NRW so bleiben, dass die Wählerinnen und Wähler entscheiden, wer sie im Bundestag vertrete. „Die Wahrscheinlichkeit, dass das hiesige Direktmandat gestrichen werden könnte, ist gering.“ Dort, wo eine Wahlkreisstreichung passieren kann, könnte dies zwar einem Kandidaten zum ‚Wahlkreissieg‘ verhelfen. Ihre Stimmen seien aber wertlos, wenn der Wahlkreis gestrichen werde. „Als Wähler würde ich mich dann schon fragen, worin der Sinn des Wählens dann noch besteht.“

Jan Dieren (SPD) aus Moers ist seit der Wahl 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages.

Jan Dieren (SPD) aus Moers ist seit der Wahl 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages.

Foto: dpa/Hannes P Albert

Jan Dieren: Eine Abwertung
ist nicht zu erkennen

Direkt gewählt wurde 2021 auch Jan Dieren (SPD). „Eine Abwertung der Wahlkreisabgeordneten kann ich im neuen Wahlrecht nicht erkennen“, sagt er. „Abgeordnete konnten und können zwar in einem Wahlkreis direkt gewählt werden. Das Grundgesetz geht aber schon immer davon aus, dass sie Vertreter des ganzen Volkes sind.“

Der Krefelder Otto Fricke (FDP) kam erstmals 2002 in den Bundestag und gehört ihm mit vierjähriger Unterbrechung bis heute an.

Der Krefelder Otto Fricke (FDP) kam erstmals 2002 in den Bundestag und gehört ihm mit vierjähriger Unterbrechung bis heute an.

Foto: picture alliance/dpa/Christoph Soeder

Die Auswirkungen der Reform für den Wahlkreis Krefeld II – Wesel II dürften laut Dieren überschaubar bleiben. „In NRW war es bislang nicht so, dass eine Partei deutlich mehr Wahlkreise direkt gewinnt, als ihr Sitze nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen würden. Wer einen Wahlkreis in Krefeld gewinnt, wird deshalb voraussichtlich auch wieder direkt in den Bundestag einziehen.“ Im Übrigen habe das Bundesverfassungsgerichts die Abschaffung der Überhang- und Ausgleichsmandate bestätigt.

Otto Fricke (FDP) ist „über das kluge Urteil erfreut, weil es unsere Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestags in wesentlichen Teilen bestätigt“. Dass eine Partei nur so viele Sitze erhält, wie ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zusteht, verhindere das Anwachsen des Parlaments. Das Gericht habe zudem betont, dass sich die Wahlkreisarbeit von Listenabgeordneten strukturell nicht von derjenigen der Wahlkreisabgeordneten unterscheidet. Nicht zuletzt werde vom Gericht festgehalten, „dass ein Wahlkreisbewerber, der die meisten Erststimmen, aber kein Mandat erhält, in der Landesliste der Nachrücker auf dem vorderen Platz bleibt, sodass man auch insoweit nicht von einer Sinnlosigkeit sprechen kann“.

Kerstin Radomski (CDU) war bei der Wahl 2017 besonders stolz, ihren Wahlkreis erstmals seit seinem Bestehen direkt für die CDU gewinnen zu können. Zum Urteil sagt sie: „Wir waren uns mit den Fraktionen der Ampel stets einig, dass die Zahl der Abgeordneten im Deutschen Bundestag reduziert werden muss.“ Mehrfach habe die Union dazu konkrete Vorschläge gemacht, doch die Ampel habe sie abgelehnt. Das von ihr verabschiedete Wahlrecht sei vom Bundesverfassungsgericht nun in wesentlichen Teilen als verfassungswidrig eingestuft worden.

Kerstin Radomski gelang es bei der Bundestagswahl 2017, ihren Krefelder Wahlkreis direkt zu holen.

Kerstin Radomski gelang es bei der Bundestagswahl 2017, ihren Krefelder Wahlkreis direkt zu holen.

Foto: IMAGO/photothek/IMAGO/Thomas Trutschel/photothek.de

„Wir sind als Union der Meinung, dass ein mit Erststimmen mehrheitlich gewählter Wahlkreissieger ein Mandat im Bundestag erhalten sollte. Alles andere schwächt die Wählerbindung“, hebt sie hervor. Es sei daher wichtig, dass ein Wahlrecht die direkte Wahl der Bürger respektiere und nicht verwässere. Die CDU/CSU biete der Ampel an, noch vor der nächsten Bundestagswahl eine gemeinsame umfassende Änderung des Wahlrechts vorzunehmen.