Umfrage in Krefeld Für Gastronomen ist die Corona-Krise nicht überstanden
Krefeld · Von Euphorie ist nichts zu spüren im Gespräch mit Krefelder Gastronomen. Zu unsicher sind die Aussichten, und zu hart treffen sie nach wie vor die Corona-Regeln.
Von Euphorie ist nichts zu spüren im Gespräch mit Krefelder Gastronomen. Zu unsicher sind die Aussichten, und zu hart treffen sie nach wie vor die Corona-Regeln. Daher fällt das Fazit nach nun sieben Wochen im Betrieb unter strengen Hygiene-Auflagen verhalten aus. So beschreibt es auch Antonios Arabatzis. Er ist Wirt im Brauhaus Gleumes und gleichzeitig Chef des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Krefeld. Somit hat der Mann einen umfassenden Blick auf die Lage.
Die Gäste kämen momentan gerne auf die Terrassen der Lokale. „Die Leute sind froh, dass sie ’raus dürfen und wollen draußen sitzen.“ Einen besonderen Schub habe dabei die Lockerung der Kontaktbeschränkung gebracht. Seitdem mehrere Haushalte an einen Tisch dürfen, sei mehr los. Die Auslastung im Außenbereich sei somit ganz gut, sagt Arabatzis. Dennoch wünscht er sich weitere Veränderungen. „Die Umstände müssen sich verbessern, damit mehr Leute kommen.“ Die Mundschutz-Pflicht müsse im Außenbereich beispielsweise weg. Das sei eine Zumutung für die Kellner bei hohen Temperaturen und langen Schichten – und für die Gäste befremdlich. Auch die Liste, in die Kunden ihre Kontaktdaten eintragen müssen, sei eine Hemmschwelle. Das habe ihn selbst bei einem Café-Besuch gestört, sagt Arabatzis. Aber das müsse wohl sein, damit das Gesundheitsamt im Zweifel Kontakte zurückverfolgen kann.
100 bis 150 Buchungen weniger
im Stadtwaldhaus
Besonders die Absagen von Feiern und Festen treffen seine Branche, sagt Arabatzis. Das merkt er auch bei sich in der Gaststätte Gleumes. Das Sommerfest oder etwa Betriebsfeiern fielen weg – und somit Einnahmen, die sonst fest eingeplant sind.
Den Ärger mit den Veranstaltungen hat auch Helmut Lang. Er ist Chef des Stadtwaldhauses. „Im Innenbereich sind fast alle Veranstaltungen abgesagt“, sagt er. Sein Haus ist ein beliebter Ort für Hochzeiten oder Abiturfeiern. Doch 100 bis 150 Buchungen seien inzwischen weggefallen. „Das ist zu 100 Prozent ein Verlustgeschäft“, sagt Lang. Auch die kurzfristigen Lockerungen für Feiern in größeren Runden helfen offenbar kaum. Eine Hochzeit plane man eben nicht in zwei Tagen, sagt Lang. Was hilft, ist der große Biergarten. Dort sei gut zu tun. Das ist besonders für Langs Mitarbeiter erfreulich. Er habe trotz Ausfällen niemanden freigestellt. Lang sieht das als Teil unternehmerischer Verantwortung in der Krise. Ein besonders erfolgreiches Geschäftsjahr wird es so allerdings wohl nicht. Noch wisse er nicht, ob zum Ende des Biergarten-Betriebs etwas übrig bleibe, sagt Lang. „Wir sind froh, dass wir aufmachen dürfen. Von lohnen würde ich aber nicht sprechen.“
Sorgen bleiben auch bei Bernard Bosil, Inhaber des Jazzkellers in der Innenstadt. Er setzt momentan auf Konzerte unter freiem Himmel. „Das ist sehr anstrengend, alles umsetzen zu können.“ Es dürfen maximal 100 Gäste kommen. Die müssen Abstands- und Hygieneregeln einhalten. Zudem muss das Wetter passen. Daher entscheidet Bosil immer kurzfristig am Donnerstag, ob am Wochenende etwas stattfindet. Gäste müssen sich dann rasch anmelden. „Die Leute reißen sich um die Plätze.“ Eigentlich könne er Veranstaltungen mehrfach ausverkaufen, sagt Bosil.
Damit sich der Abend lohnt, müssen die Besucher acht Euro zahlen. Früher, als mehrere hundert Menschen kamen, verlangte Bosil keinen Eintritt. Die Einnahmen aus dem Betrieb würden reichen, um die Gagen der Künstler zu zahlen. Zumindest sei das Verständnis der Gäste für die Veränderungen groß.
„Das ist ein Geschäft, um den Betrieb am Laufen zu halten“, sagt Bosil. Dauerhaft davon leben könne man nicht. Und die Aussichten sind ungewiss. „Wir können von Glück reden, dass Sommer ist.“ Der Innenbereich des Jazzkellers sei unter den aktuellen Auflagen nicht zu bespielen. 18 Gäste könnten dann maximal ’rein. Für plus minus null an einem Abend müssten es 50 sein. Planen kann Bosil so nicht. Normalerweise bucht er Künstler viele Monate im voraus. So hofft er von Woche zu Woche. „Wenn es nun jedes Wochenende regnet, verdienen wir keinen Cent.“ Schließlich braucht es gutes Wetter für Open-Air-Abende. „Alles hängt an einem hauchdünnen, seidenen Faden“, sagt Bosil.
Die Ungewissheit beschäftigt ebenso Anna Optenplatz vom Café Liesgen an der Wiedenhofstraße. „Es ist schwierig, mehr als eine Woche zu planen“, sagt sie. Regeln würden sich ändern, das Verhalten der Gäste auch. „Und nicht alles, was man darf, macht wirtschaftlich Sinn.“ Daher sei das Liesgen Schritt für Schritt gestartet. Erst verkaufte das kleine Lokal nur zum Mitnehmen, später öffnete das Team die Terrasse. Inzwischen ist auch der Innenraum umgebaut und geöffnet. Optenplatz ist froh, dass die Gäste wiederkommen. Der Publikumsverkehr in der Innenstadt nehme zu. Dennoch: „Wir sind lange nicht da, wo wir vor einem Jahr waren.“
Sie mache für die Kunden und für die Mitarbeiter auf. Die sollen Arbeit haben. „Für mich selbst bleibt wenig über.“ Optenplatz beschreibt diese Wochen als „Wechselbad der Gefühle“. Auf der einen Seite freut sie sich über die große Solidarität ihres Teams. Auf der anderen Seite sind da auch die Ansteckungsgefahr beim Kontakt mit den Menschen – und die Frage, ob es nochmal Einschränkungen gibt. „Ich bin mental vorbereitet, dass wieder ein Lockdown kommt.“