Industriekultur Historische Klärhalle in Krefeld-Uerdingen wird von altem Beton befreit
Krefeld · Für eine Million Euro aus Fördermitteln wird die alte große Klärhalle in Uerdingen wieder in den Originalzustand von 1909 versetzt. Zum Stadtjubiläum sollen dort Veranstaltungen stattfinden.
Ohrenschützer sind derzeit beim Besuch im Historischen Klärwerk in Uerdingen unerlässlich. In der großen Klärhalle mit der Anmutung einer Kathedrale ist ein Sägeblatt von einem Meter im Durchmesser am Werk, bevor der mechanische Greifarm das fein ausgefräste Stück Beton rauszieht und abtransportiert. Der Rückbau der Klärhalle in ihren Originalzustand von 1909 hat begonnen. Für eine Million Euro – jeweils zu 45 Prozent aus Fördermitteln unterstützen die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie das Land NRW diese und weitere Denkmal-Instandsetzungen in der Klärhalle bis Ende 2025. Zehn Prozent stemmt Christoph Beckers mit seinen drei Freunden alleine, die Ende 2018 das ziemlich marode Klärwerk am Rundweg gekauft haben.
Große Schäden durch die Umnutzung als Pumpwerk ab 1976
Die Betoneinhausungen waren in den 1970er-Jahre gemeinsam mit den Schneckenpumpen eingebaut worden, um das 1962 stillgelegte, einst modernste Klärwerk Deutschlands ab 1976 als profanes Pumpwerk für das neue Klärwerk am Elfrather See umzunutzen. Bis 1996. Die in dieser Phase durch chemische Reaktionen und biogene Schwefelsäure entstandenen Schäden waren immens. Ein von der Stadt damals beauftragtes Gutachten riet dringend zur Sanierung. Diese wurden von der Stadt allerdings nie ausgeführt.
Dafür geben die Freunde, die zum Erhalt des Klärwerks einen Verein gegründet haben, seit 2020 richtig Gas bei der fachmännischen Sanierung. Die jetzigen Bauarbeiten sind so terminiert, dass zum Stadtjubiläum das Klärwerk im September und Oktober – im Zusammenschluss mit dem Haus der Seidenkultur – als Veranstaltungsort für Ausstellungen, Konzerte und laut Becker auch für „kritische Diskussionsrunden“ genutzt werden kann. „Kritische“ deshalb, weil in seinen Augen die Stadt die Krefelder Baukultur immer noch „minderbemittelt behandelt“.
Die inzwischen schon zurückgebaute Pumpwerkhalle wird künftig als Ausstellungsfläche dienen. Die frühere Werkstatt mit Schmiede und gemauerten Verteilkasten soll in den nächsten Monaten zu einem künftigen Foyer umgebaut werden, parallel zu den Bauarbeiten in der Klärhalle. Dort werden nach dem sehr aufwändigen Abriss der Betoneinhausungen (Dauer etwa noch zwei Monate), die Kanäle rückgebaut, die Einfassungen aus Granit von der dicken Betonschicht befreit und auch die runde Beton-Bodenplatte über dem Einlaufbecken direkt hinter dem Haupteingang herausgerissen. „Künftig können dann die Besucher wieder wie im Originalzustand das Grundwasser auf dem Boden des Einlaufbeckens sehen“, beschreibt Becker.
Nach der Schließung das Klärwerk der Zerstörung preisgegeben
Nach der Schließung des Klärwerks als Pumpstation 1996, wurde das Gebäude immer mehr zum „Lost Place“ und war Vandalismus ausgesetzt. Drinnen wie draußen wurde vieles zerstört, die großen Scheiben immer wieder eingeschmissen, die Lavastein-Fassade mit Farbe beschmiert. „Kein Zaun zum Schutz des Gebäudes, kein Wächter, die Schäden waren der Stadt egal“, sagt Becker nicht ohne Groll. Denn nur mit viel persönlichen Engagement und mit hohen Steuergeldern als Fördermittel kann die „Crefelder Reinigungsanlage“, so der frühere Name, als eines der weltweit ersten Gebäude und eine der drei letzten erhaltenen Kläranlagen aus der Gründerzeit europaweit erhalten bleiben. „Das Klärwerk ist in unserer Zeit zu einem historischen Wasser-Monument geworden und Teil des Netzwerks der internationalen Unesco-IHP-Wassermuseen sowie ein Technisches Kulturdenkmal.“