Krefeld Hülser Sportverein bangt um seine Schwimmzeiten

Krefeld · Ein Zettel beunruhigt die Schwimmer im Stadtteil. Die Nachfrage nach Anfänger-Kursen ist extrem hoch.

Corina Voigt, Leiterin der Schwimmabteilung des Hülser SV, steht vor den verschlossenen Türen der Hülser Schwimmhalle.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Ein Zettel mit ein paar Zeilen sorgt bei den Schwimmern des Hülser Sportvereins für Beunruhigung. „Wenn der Landschaftsverband sagt, das Bad bleibt zu, würde sich die Schwimmabteilung komplett umorganisieren müssen“, sagt Corina Voigt, Leiterin der Abteilung bei den Hülsern. Es geht um das Becken der Luise-Leven-Schule im Stadtteil. Das nutzt der Sportverein für verschiedene Kurse und Trainingsstunden. Bisher war das ab 16 Uhr nach dem Schulende möglich. Dann tauchte ein Zettel auf: Darauf die Info, dass das Bad nach einer Anweisung ab Juli nur noch bis 16 Uhr geöffnet bleiben kann.

Ein Sprecher des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) bestätigt auf Anfrage unserer Redaktion, dass noch nicht sicher sei, ob das Schwimmbad nach den Ferien außerhalb der Schulzeiten nutzbar ist. Der Grund: Die Rheinland Kultur GmbH, eine Tochter des LVR, habe den Vertrag über den Schließ- und Notdienst aufgekündigt. Der sei nötig für die Zeit, in der der Hausmeister der Schule nicht mehr im Dienst ist. Der LVR bemühe sich, noch in den Ferien eine Lösung zu finden. Entsprechende Gespräche laufen laut Angaben des Sprechers. Solange sich kein passendes Personal für außerschulische Zeiten findet, sei aber keine Nutzung möglich. Der Hülser SV wolle auf den LVR zugehen, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.

Warteliste mit über
hundert Interessenten

Kein Wunder: Die Schwimmabteilung ist auf das Bad angewiesen. Corina Voigt sieht für das Angebot direkt im Stadtteil ansonsten keine Alternative. Dabei sei vor allem die Nachfrage nach den Plätzen in den Nichtschwimmer-Kursen hoch. Die 46-Jährige müsse eine Warteliste mit mehr als hundert Interessenten führen. Häufig würden täglich neue Anfragen hinzukommen - von Familien mit mehreren Kindern aus Hüls aber auch aus der Innenstadt.

Vielen Eltern sei nicht bewusst, dass der Nachwuchs in der Regel schon in der zweiten Klasse Schwimmunterricht hat. Schwimmen lernen im Unterricht sei in der Regel schwieriger. Wer beim Hülser SV anruft und sofort einen Platz für sein Kind haben möchte, müsse in der Regel monatelang vertröstet werden. Das sei ein Grund dafür, dass auch ältere Kinder Nichtschwimmerkurse besuchen.

Auch die Ferien-Schwimmkurse für Anfänger der Stadt seien in der Regel „gut besucht“, erklärte ein Sprecher gegenüber unserer Redaktion. Zum Start der Sommerferien seien aber noch Plätze frei gewesen. Zuletzt war bekannt geworden, dass der SV Bayer mit Schwimmlehrern für Intensivkurse im Fischelner Schwimmbad aushelfen muss, weil das Personal fehlte.

Zudem hatten die Uerdinger angeboten, den Waldsee als Freibad-Alternative für das bis mindestens Anfang August geschlossene Bockumer Badezentrum zu öffnen. Krefelds angespannte Schwimmbad-Situation bekommen auch die Hülser Schwimmer zu spüren. „Wenn man zu wenig in die Bäder investiert, geht man ein Risiko ein“, hatte Voigt gegenüber unserer Redaktion gesagt, als Anfang Juli bekannt wurde, dass das Bockumer Badezentrum erneut für Wochen geschlossen bleiben muss.

Zuletzt hatte die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) gewarnt. Deutschland drohe, zu einem Land der Nichtschwimmer zu werden. Ein Grund sei die sinkende Zahl von Bädern. Die NRW-Landesregierung reagierte und stellte Ende Juni einen Aktionsplan vor. Unter anderem soll der Zuschuss für Ferien-Schwimmkurse erhöht werden. Zudem sollen Kinder in der Regel zum Ende der vierten, spätestens aber zum Ende der sechsten Klasse sicher schwimmen können. Laut Landesregierung stehen für den Schwimmunterricht in NRW genügend Bäder zur Verfügung.

Der Hülser SV kann laut Abteilungsleiterin Corina Voigt derzeit zwei Nichtschwimmerkurse (ab fünf Jahre) mit je 30 Plätzen anbieten. Wären mehr Schwimmzeiten für Anfänger (zwischen 16 und 18 Uhr) möglich, könne der Hülser SV „locker“ noch einen Kurs für Nichtschwimmer einrichten. Außerdem gibt es mehrere Kurse für 60 bis 80 Senioren, Seepferdchen-Kurse und Zeiten für Leistungsgruppen. Insgesamt habe die Schwimmabteilung 300 Mitglieder.

Schwimmen lernen habe
etwas mit Bildung zu tun

Dabei seien gerade die Kurse für Kinder und Senioren wichtige Angebote für den Stadtteil. „Das hat was mit Bildung zu tun“, sagt Voigt. Schwimmen zu lernen habe für sie den gleichen Stellenwert wie lesen zu lernen. Die Vorteile von Nichtschwimmer-Kursen im Verein? Unter anderem eine förderliche Gruppendynamik. Mutige Kinder würden zum Beispiel bei den ersten Schritten im Wasser andere Anfänger mitziehen. In relativ kurzer Zeit könne so eine stabile Basis für verschiedene Schwimmstile geschaffen werden.

Drei Monate bis zum Seepferdchen seien schnell, realistische sei ein halbes bis ein ganzes Jahr. Schwimmen lernen sei ohne Eltern oft einfacher. Die würden im Zweifel eher ablenken. Nicht weniger wichtig sei das Wassergymnastik-Angebot für Senioren. „Für viele ist das das Highlight der Woche“, sagt Voigt.

Die 46-Jährige ist ehemalige Leistungsschwimmerin und aus dem Ruhrgebiet mit ihrer Familie nach Hüls gekommen. Anfang des Jahres hat sie die Abteilungsleitung für den Bereich der Schwimmer beim Hülser SV übernommen. Als ihre eigenen Kinder vor rund zehn Jahren im Verein schwimmen lernen sollten, musste sie aber zweimal in der Woche nach Moers fahren.

Der Grund: „In Hüls haben wir keinen Platz bekommen.“ Voigt musste ihre Anfrage auf die Warteliste setzen lassen, die sie jetzt führt. Und ihre Kinder haben nie eine Zusage für einen Anfänger-Kurs beim Hülser SV bekommen.