Nach dem Brand in Krefeld Was hinter der Trauer um die Menschenaffen steckt
Krefeld · Der Leiter des Instituts für Theologische Zoologie in Münster erklärt, warum er nach dem Feuer in Krefeld die Anteilnahme für die gestorbenen Tiere für angemessen hält.
Die Trauer vieler Menschen um die verendeten Tiere im abgebrannten Affenhaus des Krefelder Zoos ist nach Ansicht des Theologen und Biologen Rainer Hagencord angemessen. Gerade bei Menschenaffen könnten Besucher und Pfleger eine Persönlichkeit erleben und eine Vertrautheit mit den Tieren erfahren, sagt der Leiter des Instituts für Theologische Zoologie in Münster. Würden die Tiere dann getötet, könne das durchaus dem Verlust eines Verwandten oder Freundes gleichkommen. Das große Mitgefühl aus der Bevölkerung unterstütze die Mitarbeiter des Zoos, hatte Pressesprecherin Petra Schwinn zuletzt in einem Interview erklärt.
Durch das Feuer, das laut Erkenntnissen der Polizei durch sogenannte Himmelslaternen entfacht wurde, waren in der Silvesternacht mehr als 50 Tiere getötet worden, darunter acht Menschenaffen. Die Ermittlungen der Polizei laufen. Nächste Woche sollen Tests zur Brennbarkeit des Materials folgen.
Brandereignis könne zu Umdenken führen
Man müsse sich von der Vorstellung eines Dualismus und einer grundlegenden Unterscheidung zwischen Mensch und Tier verabschieden, sagte Hagencord, der in Münster als katholischer Seelsorger tätig ist und nach seiner Priesterweihe noch Biologie und Philosophie studierte. Aus theologischer Sicht sei alles, was lebt, auch beseelt.
„Wir sind tatsächlich Tiere“, erklärte Hagencord weiter und verwies auf die Evolutionslehre von Charles Darwin (1809-1882). Es sei „wissenschaftsfeindlich“, zwischen Mensch und Tier unterscheiden zu wollen. Und Menschenaffen seien nun einmal physiologisch und genetisch „unsere nächsten Verwandten“, bei denen man durchaus menschenähnliche Verhaltensweisen feststellen könne, unterstrich der Theologe.
Vorfälle wie der verheerende Brand in Krefeld sollten nach Hagencords Worten ein Anlass sein, über eigene Konsumgewohnheiten und Sichtweisen nachzudenken. Während viele Haustiere oder Tiere im Zoo als süß empfunden und ihr Leiden öffentlich thematisiert würden, kümmerten sich noch zu wenige Menschen um das Schicksal des Schlachtviehs in Deutschland. Hier wären Mahnwachen vor Schlachthöfen angebracht, um auf das Schicksal dieser Tiere hinzuweisen, sagte der Zoologe.
Auf der anderen Seite sollten Tierschützer nicht den Respekt vor Menschen verlieren und Andersdenkende nicht mit Drohungen und einschüchternden Aktionen unter Druck setzen, sagte der katholische Theologe. Es gehe um Respekt und Wertschätzung gegenüber allen Geschöpfen.
Das Institut für Theologische Zoologie in Münster feierte im Dezember sein zehnjähriges Bestehen. Das 2009 gegründete Institut ist nach eigenen Angaben das bundesweit einzige seiner Art.
Sensiblere Haltung gegenüber Tieren
Vorsitzende des Kuratoriums ist die frühere nordelbische Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter, Schirmherrin die Primatenforscherin Jane Goodall. Mit Exerzitien, Vorträgen und Workshops setzt sich das Institut in Gemeinden und Zoos sowie bei Landwirten für eine sensiblere Haltung gegenüber Tieren und der gesamten Natur ein.
Außerdem entwickelt die Einrichtung, die mit der Philosophisch-Theologischen Hochschule der deutschen Kapuziner in Münster verbunden ist, Materialien für Universitäten und Schulen.