Krefeld ist gegen Kopftuchverbot

Philipp Einfalt (GEW) glaubt, dass Kopftuchverbot verschleiere bloß grundsätzliche Probleme. Die Stadt Krefeld hält sich in der aktuellen Debatte erstmal bedeckt.

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Sollten muslimische Mädchen schon in der Kita oder der Schule ein Kopftuch tragen? Nein, findet NRW-Staatssekretärin Serap Güler (CDU) und nennt es „pure Perversion“, jungen Mädchen ein Kopftuch überzustülpen. Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) will nun ein Kopftuchverbot für Muslima unter 14 Jahren prüfen lassen — Lehrer und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kritisieren dieses Vorhaben. Verfassungsrechtler betonen zudem, ein striktes Verbot können die Religionsfreiheit verletzen.

Die Stadt Krefeld möchte sich an dieser Debatte nicht beteiligen. Die WZ-Anfrage zum Kopftuchverbot lässt Andreas Pamp, Leiter des neuen Fachbereichs Migration und Integration, nur knapp von der Pressestelle beantworten: „Eine Antwort auf diese Frage ist nur mit politischem Hintergrund möglich. Eine solche politische Wertung ist nicht Aufgabe einer Kommunalverwaltung.“

Philipp Einfalt, GEW-Vorsitzender

Wer Antworten sucht, findet sie etwa an Krefelds Schulen: Michael Schütz ist Schulleiter der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule, die gut 1200 Schüler unterschiedlicher Herkunft an der Alte Gladbacher Straße besuchen. „Auch bei uns gibt es einige Mädchen, die jünger als 14 Jahre alt sind und schon Kopftuch tragen“, sagt Schütz, „aber es sind wenige.“ Häufiger beobachte er dagegen, dass ältere Schülerinnen sich irgendwann dazu entschieden, ihren Kopf zu bedecken. Setze man Freiwilligkeit voraus, sei das kein Problem, findet der Schulleiter, „bei einigen habe ich aber den Eindruck, sie sind nicht so glücklich damit“.

Grundsätzlich sei er nicht gegen ein Verbot, „aber ich sehe auch den Sinn dahinter nicht“, sagt Schütz und erklärt, warum: „Sie glauben doch nicht, dass Familien aufgrund eines Verbotes plötzlich anders denken.“ Er fürchtet, eine gesetzliche Regelung setze Kinder unter Druck, gegen den Willen ihrer Eltern kein Kopftuch zu tragen. „Wenn die Mädchen dann 14 und religionsmündig sind, gilt das Verbot nicht mehr — dann ziehen sie das Kopftuch sowieso an, wenn ihre Eltern es so wollen“, glaubt der Schulleiter.

Philipp Einfalt, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Krefeld, hält nichts vom Vorstoß des Integrationsministeriums. Er betont: „Grundsätzlich ist es falsch, Kinder religiös zu instrumentalisieren.“ Aber: „Ein generelles Verbot würde nur die zugrunde liegende Problematik verschleiern“, sagt Einfalt. „Vor Problemen die Augen verschließen und denken, sie sind dann weg? Das kann nicht der endgültige Weg sein.“ Die aktuelle Debatte werde „nicht hoppla-hopp zu lösen sein“, ist sich der GEW-Vorsitzende sicher und fordert: „Es muss endlich eine Integrationspolitik her, die zügig aktiv wird und personell und sachlich bestens ausgestattete Lösungsmodelle anbietet.“ Die Basis sei „gute, lebenslange Bildung“.

Aufklären statt verbieten, dafür plädiert Mesut Akdeniz, Vorsitzender der Türkischen Union in Krefeld. Ein Verbot hält er für „absurd, das sorgt nur für Aufruhr“. Ein erst siebenjähriges Mädchen mit Kopftuch in die Schule zu schicken, finde er alarmierend, „wenn so etwas passiert, sollte man mit Lehrern, Eltern und der Gemeinde sprechen“, betont Akdeniz. „Ich bezweifle aber, dass es tatsächlich viele Kinder sind, die so früh schon ein Kopftuch tragen.“

Für Claudia Wichmann, Vorsitzende der Schulpflegschaft Krefeld, ist ein Kopftuchverbot keine Option. „Ich bin dagegen, dass Kreuze in Schulen abgehängt werden, weil wir multikulturell sind — wir sind schließlich ein christliches Land.“ Genauso wehre sie sich dagegen, in Sachen Glaube „in muslimische Familien einzugreifen“, und betont: „Ich möchte auch nicht, dass sich jemand einmischt, wenn ich oder mein Kind ein Kreuz an der Kette tragen.“

Kopftuch ja oder nein? Michael Schütz, Schulleiter der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule, wünscht sich auch vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte vor allem eines: „Die Kinder sollten selber entscheiden. Aber so liberal sind viele Familien leider nicht.“