Selbsthilfe Hilfe von Gleichgesinnten im Leben nach der Sucht

Der Suchtselbsthilfeverband Kreuzbund ist jetzt 50 Jahre alt geworden.

Karen Sprenger, Vorsitzende des Selbsthilfeverbandes Kreuzbund, Diözesanverband Aachen, musste selbst nach einer Alkoholsucht ihr Leben neu in den Griff bekommen.

Foto: Andreas Bischof

Karen Sprenger geht mit ihrer Lebensgeschichte offen um: „Ich habe eine Zeitlang viel Alkohol getrunken; jetzt nehme ich lieber Kaffee und Tee“, sagt die Frau aus Uerdingen im Café bei einem guten Stück Kuchen und lächelt. „Ich bin immer noch abhängig, aber ich habe die Sucht im Griff, bin absolut abstinent.“

Geholfen haben ihr die Angebote des Suchtselbsthilfeverbandes Kreuzbund, dessen Vorsitzende im Diözesanverband Aachen sie heute ist. Der Verband wurde jetzt 50 Jahre alt. In Krefeld gibt es zwei Gruppen, in denen sie sich bestens auskennt und deren Mitglieder beim Jubiläum fleißig mitmischten. Sie hat selbst eine Gruppe 20 Jahre geleitet.

„Der Kreuzbund ist ein eingetragener Verein und als Fachverband des Caritasverbandes eine deutschlandweite Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft für Suchtkranke und Angehörige“, erklärt die 65-Jährige. Wie wichtig er ist, zeigen folgende Zahlen: „Alleine beim Thema Alkohol gelten deutschlandweit schätzungsweise 1,77 Millionen Menschen als abhängig. Weitere 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen sind medikamentenabhängig. Die Drogensucht kommt hinzu. Die Dunkelziffern sind vermutlich um einiges höher.“ Für Betroffene, die den Weg raus aus der Sucht schaffen wollen, könne – neben Entgiftung, Beratung und Therapie – auch der Besuch einer Selbsthilfegruppe hilfreich sein, findet sie.

Sprenger berichtet aus ihrer eigenen Erfahrung: „Ich habe immer gerne Sekt oder Wein getrunken. Als ich 30 wurde, schlug der Konsum um. Ich fühlte mich nicht wohl in der Partnerschaft, hatte Probleme im Beruf. Eine Familie mit zwei Kindern verlässt man nicht so einfach. Mit Alkohol konnte ich gut schlafen. Zuerst konsumierte ich Sherry, dann Weinbrand.“

Das Schlimme daran sei auch gewesen, das soziale Umfeld zu verlieren. „Mit 42 Jahren schaffte ich den Absprung vom Alkohol mit Entgiftung, Therapie und danach in der Selbsthilfegruppe des Kreuzbundes. Mein damals 16-jähriger Sohn half als Angehöriger“, sagt Karen Sprenger.

Danach hat Karen Sprenger ihr Leben komplett umgekrempelt: „Ich habe meinen Mann verlassen und meinen Beruf als Chemielaborantin aufgegeben. Bis zur Rente arbeitete ich dann als Englisch-Trainerin für Erwachsene.“ Heute hat Sprenger ihr Leben im Griff und kann anderen zur Seite stehen. „Selbsthilfe bedeutet, dass sich Gleichgesinnte finden, die sich gegenseitig unterstützen, um sich im Alltag zurechtzufinden und Probleme aktiv zu lösen. Wurde vor 50 Jahren – zur Gründung des Kreuzbundes – noch der völlige Verzicht auf Suchtmittel vorausgesetzt, orientieren wir uns heute mehr an dem individuellen Bedarf unserer Teilnehmer.“

Zufriedene Abstinenz sei weiterhin ein wünschenswertes Ziel, doch werde es akzeptiert, dass Rückfälle manchmal dazugehören oder „nur“ eine Reduzierung des Suchtmittels angestrebt werde. „Willkommen sind alle Menschen, die suchtgefährdet oder abhängig sind von legalen oder illegalen Substanzen oder von Verhaltenssüchten wie Glücksspiel- oder Onlinesucht“, führt Karen Sprenger weiter aus. Auch Familienmitglieder, die sich von der Sucht seines Partners oder eines Familienmitglieds belastet fühlen, könnten die Gruppen und Seminare besuchen.