Verbindung von Covestro-Standorten Neue Runde im Streit um CO-Pipeline
Krefeld · Es ist ein millionenschweres Projekt, das seit 15 Jahren die Gemüter erhitzt: Die 67 Kilometer lange CO-Pipeline soll die beiden Covestro-Standorte Dormagen und Krefeld-Uerdingen miteinander verbinden.
Es ist ein millionenschweres Projekt, das seit 15 Jahren die Gemüter erhitzt: Die 67 Kilometer lange CO-Pipeline soll die beiden Covestro-Standorte Dormagen und Krefeld-Uerdingen miteinander verbinden. Die Pipeline ist inzwischen bereits fast fertig verlegt. Es gibt Gesetze, Planfeststellungsbeschlüsse, Gerichtsurteile – und vor allem sehr viele Emotionen. In der kommenden Woche, am 19. und 20. August, wird ein weiteres Kapitel aufgeschlagen. Das Oberverwaltungsgericht in Münster verhandelt – wegen des großen Interesses und aufgrund der Corona-Bestimmungen in der Aula im Schloss der Uni Münster – im Streit um die Kohlenmonoxid-Pipeline. Zwei weitere Erörterungstermine sind möglich. Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf aus dem Jahr 2007 sind Anwohner aus Monheim und Leichlingen. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass die Geschichte mit einem Urteil des OVG Münster ein Ende finden wird. Eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig als letzte Instanz ist möglich. Ein Blick auf die Beteiligten und ihre Interessen bei diesem schwierigen Projekt.
Covestro
2005 hat damals noch die Bayer AG den Antrag auf Errichtung einer unterirdischen CO-Pipeline gestellt. Sie soll die Standorte in Dormagen und Krefeld-Uerdingen miteinander verbinden. In Dormagen fällt bei der Produktion Kohlenmonoxid an, das dort nicht benötigt und daher entsorgt werden muss. In Uerdingen wiederum wird CO für die Produktion gebraucht, muss dort aber eigens hergestellt werden. Das will Bayer ändern. Das Planfeststellungsverfahren beginnt 2005. Inzwischen liegt das Projekt bei der von Bayer abgespaltenen Covestro.
Landesregierung
Die Landesregierung hat 2006 das „Rohrleitungsgesetz“ für diese Pipeline erlassen. Es stellt ein öffentliches Interesse für dieses Projekt fest und ermöglicht auch Enteignungen. Damit hat die damalige Landesregierung – einstimmig – die Voraussetzungen für den Bau der Trasse ermöglicht.
Bezirksregierung
2007 hat die Bezirksregierung Düsseldorf die Genehmigung zum Bau der Röhre erteilt. Anwohner haben daraufhin gegen das Projekt geklagt. Die Bezirksregierung hält an ihrer Auffassung fest, dass die Pipeline sicher und genehmigungsfähig ist. Sie argumentiert unter anderem damit, dass Covestro deutlich höhere Sicherheitsstandards erfüllt als gesetzlich vorgeschrieben: So sei die Pipeline tiefer verlegt und die Rohre seien dicker als notwendig. Im Mai 2020 hat Covestro einen Antrag auf Sofortvollzug zur Fertigstellung der Rohrfernleitung gestellt. Diesem Antrag hat die Bezirksregierung Düsseldorf mit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit entsprochen. Diese Anordnung gibt Covestro die Möglichkeit, Maßnahmen des Planänderungsbeschlusses aus 2018, wie die Verlegung eines zweiten Geogrids, umzusetzen. Eine Inbetriebnahme der Rohrfernleitung ist durch die Anordnung nicht gestattet. Dies bedarf weiterer gerichtlicher Entscheidungen. Geogrids, das sind Schutzmatten, deren Verlegung laut Gesetz nicht notwendig sind. In einem ersten Schritt hatte Covestro dennoch 60 cm breite Matten verlegt. In einem zweiten Schritt will sie nun – laut Planänderung von 2018 – eine weitere Geogrid-Schicht von 80 Zentimeter Breite verlegen. Covestro will aber das Urteil des OVG abwarten, bevor die weiteren Matten in der „Pflug-Technik“ verlegt werden. Mit dieser Technik soll verhindert werden, dass der Boden erneut aufgebuddelt werden muss. Die Bezirksregierung hält auch am genehmigten und vielfach kritisierten Trassenverlauf fest. Die Werke stehen linksrheinisch, die Trasse verläuft jedoch überwiegend rechtsrheinisch und auch durch Wohnbebauung. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass entlang der Trasse bereits eine Erdgaspipeline liegt.
Kläger
Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf aus dem Jahr 2007 sind Anwohner aus Monheim und Leichlingen. Die Kläger in dem Berufungsverfahren befürchten Gefahren durch das geruchlose, giftige Kohlenmonoxid. Feuerwehren weisen darauf hin, dass sie bei einem Leck und ausströmendem CO hilflos wären und eine Gefährdung von Menschen kaum verhindern könnten. Nach Meinung der zahlreichen Gegner entlang der Trasse bedeutet die Inbetriebnahme der CO-Pipeline ein inakzeptabel hohes Risiko. Hunderttausende haben gegen die Röhre unterschrieben, die bis zu 20 Meter an die Häuser heranreicht. Stadträte, Bürgermeister und der Landrat des Kreises Mettmann kämpfen an ihrer Seite. Es gibt aktuell noch weitere Klagen, die derzeit ruhen, bis das OVG in Münster entschieden hat.
Gerichte
Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes in Münster vom Dezember 2007 durfte Bayer seine CO-Pipeline zwar bauen, allerdings nicht betreiben. Die Richter monierten unter anderem, dass unklar ist, warum die Leitung eine derart große Bedeutung für die Allgemeinheit hat, dass eine Enteignung von Privateigentum gerechtfertigt ist. Im Mai 2009 schmetterte das Düsseldorfer Verwaltungsgericht einen Eil-Antrag von Bayer auf rasche Inbetriebnahme der Gasleitung ab. Vor allem nachträgliche, von der Bezirksregierung im März 2009 genehmigte Änderungen bei den Schutzmatten gegen Bagger-Unfälle und bei der Rohrdicke lösten Kritik der Richter aus. Dadurch habe sich „die Sicherheitslage ... nicht verbessert, sondern verschlechtert“. Im August 2014 überwies das OVG den Fall an das Bundesverfassungsgericht, weil es das Ganze für verfassungswidrig hielt. Dem folgten die Verfassungsrichter aber nicht. Das OVG hätte nur unzureichend begründet, dass das Rohrleitungsgesetz verfassungswidrig sei. Die Sache wurde von Karlsruhe nach Münster zurückverwiesen.