Eine Ausstellung im Internet Plastiken verbinden Mensch und Digitales
Krefeld · Der Bildhauer Gerhard Hahn hat sich mit seiner Werkreihe „Bildstörung“ für den Wettbewerb „Prix Ars Electronica“ angemeldet.
Die Ausstellungen waren lange geschlossen, so auch die Krefelder Galerie Meta Weber. Auf eine Finissage seines jüngsten Werkes „Soma & Psyche“ aus der Projektreihe „Interference – Bildstörung“ musste Gerhard Hahn daher warten. Der hoffnungsvolle Blick geht aber längst nach vorne wie in der gesamten Branche. Der Bildhauer hat sich daher für den ausgeschriebenen Kunstwettbewerb Prix Ars Electronica am Zentrum für Kunst und digitale Technik in Linz beworben. In einem dreiminütigen Promo-Video stellt er sich und seine Arbeit vor.
Hahn, ein früherer Ingenieur für Keramische Verfahrenstechnik, der für seine Projekte in die Fabrikhallen zurückkehrte, verkörpert die Kombination von Industrie und Kunst wie nur wenige. Er konfrontiert die Idee des einmaligen authentischen Kunstwerkes mit den Prinzipien der seriellen Fabrik-Fertigung. In seiner Werkreihe „Bildstörung“, die seit 2017 läuft, beschäftigt er sich mit der Sprache von Körper und Seele in einer zunehmend digitalen Welt der Kommunikation, „die aus meiner Sicht unser Leben nachhaltig verändert – wahrscheinlich noch mehr als uns bewusst ist“, sagt Gerhard Hahn. In Zeiten der Kontaktsperre, wo Menschengruppen sich vielerorts nur noch über Videokonferenzen unterhalten, findet er, ein Thema aktueller denn je.
Der Professor für Produktdesign und dreidimensionales Gestalten, der seit 2002 an der Hochschule Niederrhein lehrt, greift mit dem Thema „Mensch zwischen Natur und technischen Welten“ auf vieldeutige Bilder zurück, die den Objekten Poesie verleihen sollen und gezielt Irritationen in den Augen des Betrachters je nach Blickwinkel auslösen — Bildstörungen eben, ein bewusst technisch klingender Begriff für eine menschliche Wahrnehmung. Dafür hat er in der Willicher Firma Schunk Ingenieurkeramik einen Partner gefunden, der ihm mit umfangreichen 3D-Drucken zur Seite steht. Mit der Pulverbett-Technik kann er große Objekte aus dem Ausgangsstoff Siliciumcarbid erschaffen, komplexe Formen, hergestellt aus sehr dünnen Schichten. Die Objekte erhalten am Ende eine kristalline Erscheinungsform und extreme Härte. Seine Plastiken haben Maße von 60 mal 30 mal 30 Zentimetern.
„Lord of the (F)lies“ heißt eins seiner Werke
In seinem Teil-Werk „Lord of the (F)Lies“, geht es um Telekommunikation, nachempfunden an einem Objekt in Form eines Röhrenfernsehers in Lamellen geschnitten und ausgehöhlt. Je nach Blickwinkel kann man die Silhouette eines menschlichen Kopfes erkennen. Zudem wechseln je nach Perspektive Licht und Schattenpunkte. Es entsteht eine Interferenz, eine Art Bildstörung. In „Soma & Psyche“, die seit vergangenem Januar in der Galerie Meta Weber zu sehen war, wird ein gescannter Kopf in ein Lamellensystem integriert. Es soll die Befindlichkeit des Menschen im Kontrast Natur und Technik veranschaulichen.
„Letztlich entscheidend war es, den Objekten eine Seele zu verleihen“, sagt Gerhard Hahn über seine Arbeiten, bei denen er neben der Programmierung am PC auch immer noch eine Eingriffsmöglichkeit per Hand favorisiert, das Analoge mit dem Digitalen verbindet. „Eine menschliche Beeinflussung im mechanischen Prozess“, wie Hahn sagt. Sein Werk versteht er auch immer noch als Experiment mit der Technik. „Die Entwicklung am PC ist immer eine ganz andere Arbeitsweise.“ Aufgrund der hohen Produktionskosten mit dem 3D-Drucker aber musste er fast schon perfektionistisch an die Aufgabe herangehen: „Ich hatte für meine vier Objekte quasi nur vier Schuss. Die mussten sitzen. Ich habe mich sehr viel mehr anstrengen müssen. Sonst konnte ich noch per Hand zeichnen oder am Objekt nacharbeiten.“ Nun hofft der Bildhauer Hahn, dass sich der Aufwand der vergangenen Monate gelohnt hat.