Wohnzimmertheater Podio auf dem Sprödentalplatz So war die Comedy-Premiere im Krefelder Autokino

Krefeld · Comedy per Autokino – passt das? Unser Autor hat es auf dem Sprödentalplatz in Krefeld herausgefunden.

Podio Autocomedy, Comedien Helmut Sanftenschneider, Autokino Sprödentalplatz; Foto: Andreas Bischof

Foto: Andreas Bischof

Comedy per Autokino – passt das? Als langjähriger Beobachter der Kabarett- und Comedy-Szene ist man geneigt, diese Frage vorab mit nein zu beantworten. Comedy und Corona fangen zwar beide mit „C“ an, aber dann enden die Gemeinsamkeiten auch schon. Während das Virus die Menschen trennt, bringt Comedy sie zusammen, um gemeinsam Spaß zu erleben und zu lachen. Aber kann man das zu zweit oder als Familie zu viert in einem Auto, während sich die Darsteller auf einer kleinen Bühne zwar alle Mühe geben, jedoch erst auf der Großleinwand daneben sichtbar Gestalt annehmen? Wo bleibt die Interaktion zwischen Künstlern und Publikum, wo das für die Künstler so wichtige Feedback? Spielfilme auf der Großbildleinwand können bekanntlich auch großes Kino sein. Aber gilt das auch für Comedy, wo der Schwerpunkt eher auf Worten und Tönen liegt als auf Augenanreizen?

Die Realität auf dem Sprödentalplatz beim Autokino räumte bei der Comedy-Premiere am Sonntagabend schnell einen Teil der Bedenken aus. Zum Abschluss der fünfwöchigen Outdoor-Veranstaltung erlebten die Besucher in den rund 80 Autos einen kurzweiligen Abend, sofern sie sich auf die neuen Bedingungen einließen. Wenn man als Liebhaber von Kleinkunstbühnen zu Veranstaltungen des Wohnzimmertheaters Podio geht, denkt man an Veranstaltungen wie das Glühwein-Cabarett im Stadtwaldhaus oder an das Open-Air-Festival Lachblüten im Botanischen Garten. Wie dort üblich, moderierte Podio-Chef und Comedian Rüdiger Höfken seine Kollegen auch auf dem Sprödentalplatz mit Kostproben aus seinem Repertoire an und erläuterte zunächst die neuen Spielregeln.

Das Lichthupen der
Autos bedeutet Lachen

Die Rückmeldung des Publikums sollte durch Signale erfolgen, die ein Auto so hergibt. Der Einsatz der Lichthupe bedeutet Lachen, der der Warnblinkanlage belohnt einen besonderen Gag. Tränen lachen wird durch Betätigung der Scheibenwaschanlage vermeldet und Applaus durch dosiertes Hupen. Fortan blinkte, leuchtete und hupte es unentwegt wie beim Autocorso einer Hochzeit. Für die Besucher ein hoher Spaßfaktor und für die Künstler ein wichtiges Feedback für ihre Leistung und ein Stilmittel, das sie geschickt in ihre Vorträge eingebaut hatten.

Das Autoradio übertrug den Ton über eine bestimmte Frequenz direkt ins Innere und auch die übrige Veranstaltungstechnik funktionierte perfekt. Fünf Kameras übertrugen die Künstler aus verschiedenen Perspektiven auf die große Leinwand. Dort agierten das Krefelder Eigengewächs und der Träger des Deutschen Comedy-Preises, David Werker, Ruhrpott-Banderas Helmut Sanftenschneider, der optisch wie inhaltlich die 1970er Jahre verkörpernde Kabarettist Michael Steinke und Überraschungsgast Oleg Borisow als Krefelder Comedy-Talent mit russischem Akzent. Werker, mit 36 Jahren der Rolle als Deutschlands Dauerstudent entwachsen, verkörperte das schwierige Übergangsalter zwischen 30 und 90. Er weiß um seine Laster und beschreibt es so: „Ich habe akzeptiert, dass ich der faulste Mensch der Welt bin.“ Die Besucher begrüßte er stilgerecht: „Alle sehen mich an wie ein Auto.“ Und seine ehemalige Mathelehrerin erwiderte seinen Gruß per Hupe. Sanftenschneider aus Herne würzte sein Gitarrenspiel mit aktuellen eigenen Texten zur Corona-Zeit. Zum Beispiel nach den Klängen des Banana-Boat-Songs von Harry Belafonte: „Virologe ist mein Traumberuf.“ Michael Steinke setzte das Discofox-Jahrzehnt im schrillen Outfit in Szene. „Ich habe mir die alte Mustertapete auf den Leib getackert.“ Sein Vermächtnis: „Brause, Sex und Discofox“ ist gespickt mit Anekdoten aus seiner Jugendzeit und steht im krassen Vergleich zu Hipstern: „Zehn Meter Schal um den Hals, Flokati im Gesicht, aber unten rum rasiert, in Hochwasserhosen und nackt an den Knöcheln, auf Neudeutsch Flanking.“

Rüdiger Höfken musste nicht lange überlegen, als sein Schulkamerad Uwe Papenroth, einer der Hauptinitiatoren des Autokinos, ihn bat, ein Comedy-Programm „als Premiere“ zusammenstellen. Er nahm seine Rolle humoristisch: „In jeden guten Lebenslauf eines Kabarettisten gehört es, einmal vor Autos gespielt zu haben.“ Das Publikum hatte am neuen Comedy-Format jedenfalls seinen Spaß. „Eine willkommene Abwechslung, aber die Emotionen und das ansteckende Lachen der Stuhlnachbarn fehlen doch etwas“, meinte eine Besucherin.