Inrath Torte und Kaffee über den Dächern der Stadt
Krefeld · Eine Kaffeetafel auf dem Kapuzinerberg gehört zu den Jubiläums-Feierlichkeiten des Bürgervereins Inrath. Der hat 70 Jahre bewegte Vergangenheit.
Es wird eine lange Kaffee-und-Kuchen-Tafel. 60 bis 80 hauptsächlich ältere Inrather will der Bürgerverein zum Kaffeekränzchen über den Dächern der Stadt einladen. Denn vor zehn Jahren, zum 60-Jährigen des Vereins, war das ein „toller Erfolg“, sagt der Vorsitzende Rolf Hirschegger. Kein Wunder, dass man das wiederholen will. Zum Jubiläumsprogramm gehört außerdem ein Empfang mit geladenen Gästen im Oktober im Raphaelsheim. Da wird es für die Besucher viel zu plaudern geben – über den Bürgerverein Inrath, den Stadtteil und die Historie beider. „Wenn man über die Geschichte des Inraths erzählt, hört man gar nicht mehr auf“, sagt Hirschegger schmunzelnd. Und auch die Vergangenheit des Bürgervereins ist eine bewegte.
Der Bürgerverein Inrath mischt sich ein und gibt nicht auf
Dazu gehört unter anderem ein jahrzehntelanger Kampf gegen die Belastung der Inrather durch die ehemalige Krefelder Müllkippe – genau dem Kapuzinerberg, auf dem jetzt gefeiert werden kann. „Bei Westwind war Siempelkamp zu riechen, bei Ostwind die Müllkippe“, erinnert sich Hirschegger. In den 1970ern als neuer Müllberg geschaffen, wurden hier Brände gelegt, um den Abfall zu Asche zu verdichten.
„Inrath war die Müllabladestelle für Krefeld“, bilanziert der Vereinsvorsitzende. Im Fall des Inrather Bergs war es der Bauschutt. Beim Kapuzinerberg war es der Hausmüll. „Es war sehr gefährlich wegen der Gase. Deswegen war er auch eingezäunt“, erinnert sich Hirschegger. Über Jahre sei er nicht begehbar gewesen. Bis der Müllberg vor fast 20 Jahren für einige Millionen abgedichtet wurde, indem eine große Plane darüber gezogen wurde und Erdmassen aufgehäuft wurden, damit keine Gase mehr entweichen können. „Noch heute fragen wir in der Bezirksvertretung Nord regelmäßig nach Testergebnissen“, erklärt Hirschegger, wie sich das Thema bis ins Jetzt zieht. Denn im Bruch gibt es weiterhin ein halbes Dutzend Prüfstellen, an denen nachgemessen wird.
Seit 2006 steht oben auf dem Kapuzinerberg – mit seiner Höhe von 77 Metern über Normalnull – ein Gipfelkreuz. Mit einer großen Feier wurde der Gipfel an alle Inrather übergeben. „Dafür haben wir als Bürgerverein damals gesorgt“, so Hirschegger. Eingesegnet wurde das Kreuz von Pater Julius (Vogt), Kapuzinermönch aus dem Kloster St. Elisabeth von Thüringen, beliebter Geistlicher und Wohltäter am Inrath. Der Pater, der vor fünf Jahren im Alter von 75 Jahren starb, war auch der Ideengeber für das erste Inrather Kinderfest im Jahr 1972. Im Jahr darauf übernahm der Bürgerverein Inrath die Koordination und mit den anderen Vereinen die Organisation. Jedes Jahr haben rund 300 Mädchen und Jungen abwechselnd im Gartenbauverein Inrath oder Rosengarten einen Riesenspaß.
Noch viel länger zurück geht die Geschichte des Martinszuges am Inrath, den der Bürgerverein organisiert und der seit 1949 jedes Jahr durch den Stadtteil zieht. Im Schnitt helfen jährlich 70 Menschen mit, das Geld zu sammeln, die rund 800 Tüten zu packen und den Zug mit 500 bis 600 Teilnehmern zu begleiten. Über die Jahre kamen immer mehr feste Termine im Bürgervereins-Kalender hinzu: wie der Inrather Karneval für Jung und Alt seit 1977, der finanziell und organisatorisch komplett über den Verein läuft, die Waldreinigungs-Aktion mit bis zu 100 Sammlern oder die Unterstützung des Maibaum-Aufstellens der Inrather Sportschützen (von 2001 bis 2016) und der Inrather Weihnachtsbaum seit 2009.
Zum Festefeiern forderte der Bürgerverein Anfang der 1960er-Jahre erstmals eine Gemeinschaftsfläche. „Es gab immer neue Alternativen“, sagt Hirschegger. Und auch wenn sich der Verein einen zentraleren Fleck gewünscht hätte, ist man froh über den Festplatz, der 2007 an die Inrather übergeben wurde. Jahrzehnte habe es auch gedauert, bis die Bemühungen des Bürgervereins für ein neues Wohngebiet von Erfolg gekrönt worden seien. „In den 1960er-/1970er-Jahren zogen viele junge Inrather weg, zum Beispiel Richtung Hüls“, sagt Hirschegger. Es fehlt an Wohnraum für sie. Anfang der 2000er-Jahre wurde dann die Hummelwiese gebaut, ein Areal, für das einst Tennisplätze und ein Schwimmbad im Gespräch waren.
Das sind positive Beispiele. Aber es gab auch Enttäuschungen. „Auch alle gebündelten Kräfte am Inrath konnten die Schließung des Kapuzinerklosters 1992 und den Abriss 2017 nicht verhindern“, bedauert Hirschegger. Ein für ihn weiter offenes Problem ist beispielsweise die fehlende „Durchlässigkeit“ der Hülser Straße. „Da laufen wir wie Don Quichote gegen Windmühlen“, sagt Hirschegger, der aber auch eingesteht, dass nicht jeder Kampf des Bürgervereins Inrath heute noch gekämpft würde. Beim Thema Umgehungsstraße, gegen die der Bürgerverein gekämpft habe, sei man heute „30 Jahre klüger“. Heute spüre das Inrath den Verkehr, der über die Jahre zugenommen habe.