Gedenktafeln auf Krefelder Gehwegen Stolpersteine wieder glänzen lassen
Krefeld · Der Verein der Krefelder NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer bittet um Putz-Patenschaften.
Das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa jährt sich am 8. Mai zum 77. Mal. Ein Anlass für die Dokumentationsstelle über den Nationalsozialismus der Stadt die Erinnerungen noch einmal ins Bewusstsein zu bringen. Ab 11 Uhr sollen die in den Bürgersteigen eingelassenen kleinen Gedenktafeln, die über die Verschleppung und Ermordung damaliger Anwohner informieren, gereinigt und somit die Vergangenheit wieder freigelegt werden für die Blicke der heutigen Krefelder. Alle bisher seit 2006 verlegten 207 sogenannten Stolpersteine sollen im Stadtgebiet geputzt und poliert werden. Viele sind vom Straßenverkehr mittlerweile verdreckt und unkenntlich. „Wir möchten sie wieder zum Glänzen bringen“, sagt Stella Rütten, die die Putzpatenschaften koordiniert. Krefelder Bürger können sich bei der Dokumentationsstelle melden und sich als ehrenamtliche Stolperstein-Pfleger eintragen lassen. Bisher haben sich 41 Personen dafür angemeldet. Sie kümmern sich regelmäßig um derzeit 172 Steine. Viele der kleinen Gedenktafeln, vor allem in den Stadtteilen Bockum, Linn, Mitte und Dießem, haben jedoch noch keinen Paten.
Stolpersteine sollen mehr ins Bewusstsein gelangen
Rütten engagiert sich zusammen mit Franz-Josef Abeling um die stadtweiten Reinigungstage. „Es ist ja auch für die Leute eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Wir wollen die Gesellschaft mitnehmen und ganz gezielt die Leute ansprechen“, sagt Stella Rütten. Die Erinnerung wachhalten, die Geschichte sichtbar machen. Denn Abeling hat bei der Reinigung der Steine schon so manches Desinteresse seiner Landsleute erlebt. „Man kommt mit vielen Passanten ins Gespräch. Viele Leute haben diese Stolpersteine noch gar nicht wahrgenommen.“
Eine bessere Sichtbarkeit könne Abhilfe schaffen, wie auch Sandra Franz, die Leiterin der NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer, sagt: „Die Umwelteinflüsse haben einen Effekt auf das Material. Manche Leute gehen an den angelaufenen Steinen einfach vorbei.“ Dabei sei es ja eine gute Sache, die Gravuren erst lesen zu können, wenn man auch den Kopf senken muss. „Man muss sich dazu verbeugen vor den Opfern“, sagt Franz. Zweimal im Jahr sollen nun diese Putztage stattfinden. Der nächste Termin wird etwa um das Datum 9. November herum sein, in Gedenken an die Pogromnacht der Nationalsozialisten 1938. Die Reinigungsmittel kann man sich an der Dokumentationsstelle an der Friedrich-Ebert-Straße besorgen.
Fabian Schmitz ist Rechercheur im Haus und trägt die Informationen über die Verschleppten und Ermordeten zusammen. Straßennamen, Hausnummern, so gut es eben geht. Dazu hat er auch eine Plattform des Westdeutschen Rundfunks gefüttert, auf der alle 14 000 Stolpersteine in Nordrhein-Westfalen samt biografischen Daten einsehbar sind. Für die Verlegung der Steine ist bei der Dokumentationsstelle der Ehrenamtler Josef Amshoff zuständig. Er muss sich erst das Einverständnis der Hausbesitzer einholen, ob vor ihrer Tür eine solche Gedenktafel in den Gehweg eingelassen werden darf. Dafür braucht er stets die Liste aus dem Katasteramt, wie er erzählt. Nach der positiven Rückmeldung der Hausbesitzer tritt der ehemalige Lehrer dann an das Krefelder Bauamt heran, um die genauen Stellen zu markieren. Dann rücke der Kommunalbetrieb an, um das kleine Loch zu graben, in das der Stolperstein dann eingelassen wird. „Die Azubis zum Straßenmeister machen eine tolle Arbeit“, weiß Amshoff zu berichten.
Bis ein Stein allerdings verlegt ist, könne es gut und gerne mal zwei Jahre dauern, inklusive Beantragung, haben sie beim Verein Villa Merländer erlebt. Die Pflege jedoch soll zügiger und einfacher möglich sein. Ein Putztuch und Poliermittel – und schon könne es losgehen. Der Verein bittet jedoch vorher um einen Bescheid, um zu wissen, wer sich wo um welchen Stein kümmert. Schüler, Vereine, Gemeinden, Parteien und Einzelpersonen kommen als Paten in Frage.