Wirtschaft Krefelder Landwirt als Agrar-Scout in Berlin

Bauer Ralf Pauelsen wirbt auf einem Erlebnisbauernhof in der deutschen Hauptstadt für seinen Berufsstand.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Was bedeutet es, als Bauer in der modernen Landwirtschaft tätig zu sei? Das kann wohl niemand besser erklären, als die Menschen aus der Praxis: So wie Ralf Pauelsen. Der Krefelder Landwirt vertritt die Landwirtschaft als sogenannter Agrar-Scout auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin. Auf der Fachmesse ist in Halle 3-2 sein Erlebnisbauernhof aufgebaut, an dem täglich zehn Fachleute aus der Landwirtschaft den Besuchern erklären, was sie als Verbraucher wissen sollten. Der 48-jährige Landwirt hat am kommenden Sonntag, dem letzten Messetag, seinen großen Tag.

„Ich freue mich schon auf diese Aufgabe und den direkten Kontakt zu den Verbrauchern“, sagt Pauelsen. Etwas Öffentlichkeitsarbeit für seinen Beruf und die viele Arbeit, die dahinter stecke, könne nicht schaden. „Ich will außerdem, dass nicht nur über uns, sondern mit uns gesprochen wird“, erklärt er sein Engagement. Er ärgere sich immer wieder, wenn in Talkshows Politiker über Landwirtschaft reden und nicht ein einziger Fachmann aus der Praxis dabei sei. Deshalb habe er sich spontan als Agrar-Scout beworben, als er darüber in der Fachzeitschrift Top-Agrar las — und eine Einladung erhalten.

Es sei ihm eine „Herzensangelegenheit“, speziell Kindern zu erklären, wie viel Aufwand und Verantwortung es bedeute, bis das Fleisch von der Aufzucht eines Kälbchens oder Ferkels auf dem Teller landet. Deshalb habe er auch immer wieder Kinder aus Krefelder Kindergärten auf seinem Hof in Vorderorbroich zu Gast, mit denen er etwa gemeinsam Kartoffeln erntet, die sie dann mit nach Hause nehmen dürfen. „Die Kinder wissen heute, wie man ein Handy einstellt, aber sie müssen googeln, wie man ein Ei kocht“, sagt er und lacht.

Die Messe sei für ihn eine Auszeit, sagt Pauelsen. Und sie wirke der Betriebsblindheit entgegen. Drei Tage nimmt er sich dafür Zeit, einen Tag für den Besuch der Stadt, einen für die Einweisung und einen für den großen Auftritt. Er bedauert, dass er in Berlin nicht auf NRW-Landwirtschaftsminister Johannes Remmel treffe. „Ich würde gerne einmal mit den Landwirtschaftsminister sprechen und ihm empfehlen, sich öfter mal die Praxis anzuschauen“, sagt er. Und mit ihm über die etwa 5000 behördlichen Vorschriften reden, die den Landwirten das Leben schwer machen.

Pauelsen lebt heute von den Einkünften von 30 Pensionspferden, die er zusammen mit Ehefrau Agnes und einer fest angestellten Reitlehrerin versorgt und betreut — „einträglich“. Außerdem bewirtschaftet er Grünland und produziert Heu und Silage als Pferdefutter, das er zum Teil verkauft. Zu seinem Familienbetrieb, den er in der vierten Generation betreibt, gehören 22 Hektar eigene Fläche. Weitere 15 Hektar hat er gepachtet. Seine Felder bewirtschaftet er im Wechsel mit drei benachbarten Landwirten, auf denen jeder nach Absprache und Jahreszeit eigene Produkte anbaut. „Eine ideale Symbiose“, sagt er, weil Pachtland heute so teuer sei, dass es sich sonst nicht lohne.

Noch bis 2014 hatte er 600 Schweine im Stall sowie 25 Mastbullen. „Aber die Schweinezucht lohnt nicht mehr, weil wir in Deutschland zu viel Schweinefleisch produzieren — etwa 40 Prozent mehr als wir brauchen“, erklärt er. Ein Gang durch einen Supermarkt habe ihm die Augen geöffnet. Wenige Regale voneinander entfernt habe man dort Schweineohren für Hundefutter zum Preis von 27 Euro pro Kilo und Rinderrouladen für 9,90 Euro angeboten. Deshalb sei er ausgestiegen, habe nicht auf Expansion gesetzt und nicht der Politik vertraut, die dazu geraten hat.

„Viele Kollegen, die dies getan haben, sitzen jetzt auf riesigen Schuldenbergen und stehen vor der Insolvenz.“ Jetzt sei er nicht mehr abhängig von Großhändlern. „Ich bestimme selbst, was ich anbaue und wie ich es vermarkte.“ Die Schweinzucht des Vaters habe ihm nie großen Spaß gemacht. „Heu ist mein Ding und mein Beruf mein Hobby“, zeigt er sich sehr zufrieden.