STADTGESCHICHTE Die Alte Kirche hatte vier Vorgängerbauten

Krefeld · Interview Die Archäologen Julia Obladen-Kauder und Christoph Reichmann berichten über die Grabungen vor 70 Jahren und die Ausstellung dazu.

Die Archäologen Dr. Christoph Reichmann und Dr. Julia Obladen-Kauder wissen, ihr Kollege, der vor 70 Jahren die Grabungen am Fundament der Alten Kirche übernahm, hatte es nicht leicht.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Was ist der Anlass für die kleine Ausstellung zu den archäologischen Grabungen in der Alten Kirche?

Julia Obladen-Kauder: Wir erinnern damit an die Grabungen, die Albert Steeger vor 70 Jahren hier durchgeführt hat. Damals stand hier ein Vorgängerbau der heutigen Kirche aus dem Jahr 1842, das war ein neugotischer Bau mit einem gotischen Turm von 1472. Im Juni 1943 war das Kirchenschiff durch Bomben zerstört worden.

Nur das Kirchenschiff war also schwer beschädigt. Und der mittelalterliche Turm nicht?

Obladen-Kauder: Der Turm hatte auch Schäden abbekommen, er sah aus wie ein Eckzahn mit Karies. Bomben hatten ein großes Loch in den Turm gerissen, aber er stand noch eine Weile. Am 4. April 1951 ist er dann eingestürzt.

Christoph Reichmann (mit einem Schmunzeln): Da musste sich der Archäologe Albert Steeger, der die Ausgrabungen im Kirchenschiff geleitet hat, gegen den Vorwurf wehren, er hätte mit seiner Arbeit den Kirchturm zum Einsturz gebracht.

Wie ist denn seine Grabung abgelaufen? Ist er so tief an die Fundamente gegangen?

Reichmann: Nein, natürlich nicht. Es war auch keine Flächengrabung im gesamten Kirchenraum. Man hat nur dort gegraben, wo es durch den Neubau der Kirche Veränderungen im Boden gegeben hätte und man wissen wollte, auf welchen Fundamenten man eventuell Neues errichten musste. Den neuen Kirchturm, der 1965 dann fertig war, hat man aber nicht auf alten Fundamenten errichtet, sondern etwas nach Süden verlegt.

Hat man sich bei diesen Grabungen auch mit der direkten Nachbarschaft der Alten Kirche beschäftigt?

Obladen-Kauder: Ja, man hat sich im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau auch städtebaulich mit dem Viertel beschäftigt.

Reichmann: An dem mittelalterlichen Kirchturm hat man, nachdem das Kirchenschiff eingestürzt und dadurch der Blick auf die verbindende Turmwand frei war, an einer Giebellinie im Mauerwerk gesehen, dass es noch einen weiteren Kirchenbau gegeben hatte, von dem man bis dato gar nichts wusste.

Wie viele Vorgängerbauten der Alten Kirche gab es denn?

Obladen-Kauder: Vier Vorgängerbauten und die heutige, die 1952 geweiht wurde, ist die fünfte an diesem Standort. Und ihr Abriss war auch schon im Gespräch.

Geht es Ihnen dann mit dieser kleinen Ausstellung darum, an die Geschichte und die Bedeutung dieses Gotteshauses als das älteste von Krefeld im mittelalterlichen Stadtkern, von dem man nichts mehr ahnen kann, zu erinnern und damit auch die historische Bedeutung der Alten Kirche herauszustellen?

Obladen-Kauder: Ja, es ist ein Anliegen des Vereins für Heimatkunde in Krefeld, dessen Vorsitzende ich seit Juli 2018 bin, die Krefelder Kirchen mehr in den Fokus zu rücken. Und auch den Blick darauf zu lenken, was gerade mit den Kirchen passiert, die als Gotteshäuser immer weniger besucht werden.

Wäre es dann nicht sinnvoll, diese aktuelle Ausstellung an einem anderen Ort oder auch länger in der Alten Kirche zu zeigen?

Obladen-Kauder: Bei der guten Kooperation mit der Alten Kirche und Pfarrer Volker Schran könnten wir uns vorstellen, dass die Ausstellung auch noch etwas länger dort bleibt. Grundsätzlich sehen wir als Verein für Heimatkunde in Krefeld auch unsere Aufgabe darin, Netzwerke zur Geschichte der Stadt zu fördern, das geballte Know-how zu bündeln und zu präsentieren.