Textilmuseum Auf der Jagd nach Schmetterlingen
Krefeld · Deutsches Textilmuseum hat eine Botanisiertrommel im Bestand.
Was krabbelt, fliegt und wächst nicht alles in der Natur. Schnecken und Schmetterlinge, Blätter und Blumen — allesamt Dinge, die für Kinder äußerst interessant sind. Sie zu entdecken, macht heute genauso viel Spaß wie im 19. Jahrhundert. Damals wurde dafür zumeist eine Botanisiertrommel oder -büchse genutzt.
Einen dieser raren Gegenstände hat das Deutsche Textilmuseum im Bestand. „Kleine Jungs, die zwischen dem Anfang und dem Ende des 19. Jahrhunderts durch die Gegend streiften, konnten ohne sie nicht auskommen. Für die Schule oder aus eigenem Interesse trugen sie die Trommel mit einem Stoffband über der Schulter“, berichtet Isa Fleischmann-Heck, die stellvertretende Leiterin der Einrichtung in Linn. „Neben unserer Sammlung von Alltags- und Abendtaschen mit mehr als 100 Objekten, aus Europa, Nordamerika, Indien, Afrika und Vorderasien, besitzen wir auch diese Trommel.“
Die Büchse ist ein längliches Gefäß aus grünem Blech und besitzt etwa die Größe zweier Butterbrotdosen. Besonders hübsch gestaltet ist vorne die Öffnungsklappe, die ein Bild aus Emaille zeigt. Darauf sind bockspringende Frösche zu sehen, eine Ente und Schmetterlinge. Dem Betrachter drängt sich das Bild des Jungen im Matrosenanzug auf, der mit Strohhut bekleidet und Schmetterlingsnetz „bewaffnet“ durch die Blumenwiese streift, seine Botanisiertrommel geschultert, die die „Beute“ aufnimmt.
Ein textiles oder ledriges Stück ist die Blechdose nicht gerade, passt aber als Accessoire prima in die Sommerzeit und ins Textilmuseum. Fleischmann-Heck: „Früheste Belege, diese Trommeln zu nutzen, gibt es von 1750. Der schwedische Naturforscher und Botaniker Carl von Linné riet dazu, sie mitzunehmen, wollte man Blumen oder Pflanzen sammeln.“
Zuvor hatte die Biologin Maria Sibylla Merian mit ihrem Insektenbuch für Aufsehen gesorgt und Interesse für die Beschäftigung mit Flora und Fauna geweckt. „Dass erste Pflanzengruppen zusammengefasst und verglichen wurden, fällt in diese Zeit. Auch Gartenanlagen an Schlössern wurden dann bewusst angelegt. Man erinnere sich an Barockgärten, englische Landschaftsgärten und Orangerien.“
Im 19. Jahrhundert kommt dann das Kind ins Spiel. „Es muss nicht nur lateinische Vokabeln lernen, sondern darf bei Wind und Wetter die Natur durchstreifen. Im 20. Jahrhundert gibt neues Spielzeug und neuen Schulunterricht.“ Es ist übrigens stets von Jungen die Rede, die die Botanisiertrommel nutzten. Mädchen erhielten sie erst viel später.
Natürlich ist auch die Titelfigur in Carl Spitzwegs Gemälde „Der Schmetterlingsfänger“ männlich. Fragt sich, ob er die riesigen blauen Insekten in sein kleines Netz gebracht hat. In eine Botanisiertrommel hätten sie auch nicht gepasst.