Kultur stößt an ihre Grenzen

Die „Giftliste“, die Montag vorgestellt wird, bedeutet tiefe Einschnitte ins kulturelle Leben. Die freie Szene macht bereits mobil.

Krefeld. Ein Prozent. Das klingt harmlos, kaum bemerkbar. Doch die Kürzung, die CDU, FDP und UWG quer durch den Krefelder Haushalt anstreben, wird deutlich tiefere Schneisen schlagen — zum Beispiel im Kulturbereich.

Dort müssen kurzfristig rund 76 000 Euro eingespart werden. Hinzu kommen einige Stellen beim Personal, die künftig nicht neu besetzt werden können. In welchen Instituten sie wegfallen, steht bislang nicht fest.

Doch schon die 76 000 Euro bedeuten eine Herausforderung, schließlich schrumpft der Kulturetat schon seit mindestens 15 Jahren. Die Kürzung, die nun im Raum steht, fällt allerdings besonders heftig aus.

Denn da im Personalbereich kurzfristig nichts zu holen ist — betriebsbedingte Kündigungen sind ebenso ausgeschlossen wie Gehaltskürzungen —, muss die Ersparnis komplett aus Sachmitteln und Zuschüssen kommen. So wird der Etat für die Kultur rechnerisch um mindestens zehn Prozent schrumpfen.

Wen das besonders hart trifft und wer mit einem blauen Auge davonkommt, wird die Verwaltung am Montag verkünden. Klar ist: Leicht wird es niemandem fallen, den Rotstift anzusetzen.

Beispiel Mediothek: Der Ankaufetat für neue Bücher ist bereits jetzt zu niedrig. Denn durch die hohen Ausleihzahlen nutzen sich die Medien ab, doch das Geld reicht nicht, um die gleiche Anzahl nachzukaufen. Bis 2017 wird der Bestand in der neu erbauten Bücherei um 20 Prozent sinken — bei heutigem Etat. Kommt die Kürzung, geht es noch schneller.

Beispiel Musikschule: Da am Personal kaum etwas zu machen ist und schief tönende Klaviere nun mal gestimmt werden müssen, ließe sich eine Etatkürzung von zehn Prozent nur durch höhere Gebühren ausgleichen. Problem: Der Rat hat die Gebühren erst 2011 drastisch erhöht. Ob die Eltern einen weiteren Sprung mitmachen, steht in den Sternen.

Beispiel Museen: Die Ausstellungsetats, vor allem in den beiden Linner Museen, sind so weit geschrumpft, dass eine weitere Kürzung kaum möglich scheint. Selbst die Kunstmuseen, die Krefeld internationales Renommee verschaffen, können ihre Ausstellungen nur noch dank Sponsoring und Fördergeldern finanzieren. Doch je weniger Eigenmittel da sind, desto weniger Förderung lässt sich einwerben.

Da eine zehnprozentige Kürzung die städtischen Institute an ihre Grenzen bringt, favorisiert die Verwaltung derzeit ein anderes Modell. Damit kämen die eigenen Leute bei der Sparrunde etwas glimpflicher davon, zumal sie durch den Wegfall von Personal künftig erneut belastet werden.

In diesem Fall träfe das Beil einen anderen Bereich mit voller Härte: die freie Kulturszene. Dort hat es schon in der Vergangenheit starke Einschnitte gegeben. Dass die Szene in ihrer Vielfalt erhalten geblieben ist, hat viel mit dem bis zur Selbstausbeutung reichenden Engagement der Akteure zu tun.

Wer über die Unterstützung der freien Szene redet, meint den Etat des Kulturbüros. Wie stark die Kürzungen dort ausfallen, wird sich am Montag herausstellen. Doch die Spielräume sind eng. Manche Posten, etwa die Miete für die Kulturfabrik, sind vertraglich festgeschrieben.

Andere Veranstalter, vom Werkhaus über den Jazzklub bis zum Theater Hintenlinks, haben diese Sicherheit nicht. Sie alle hoffen seit Jahren auf mehr Geld, werden aber wohl bald weniger haben — eine unlösbare Aufgabe. „Wir starren auf die Entwicklung wie das Kaninchen auf die Schlange“, sagt einer.

Immerhin könnten die geplanten Einschnitte zu einer neuen Solidarität in der freien Szene führen. Seit Jahren wurschteln dort viele vor sich hin, nun will man wieder mit einer Stimme sprechen. Am Dienstag im Südbahnhof möchten die Akteure gemeinsam die Konsequenzen eines Sparkurses aufzeigen, der in Krefelds Kulturszene schnell zum Kahlschlag werden könnte.