Neue Spielzeit 90 Stühle für einen Theaterklassiker

Regisseur Matthias Gehrt will „Kabale und Liebe“ aus dem Sturm und Drang in die Gegenwart holen.

Cornelius Gebert spielt Ferdinand von Walter.

Krefeld. Was bei Friedrich Schiller eine Musikantenfamilie ist, wird bei der Inszenierung von Schauspieldirektor Matthias Gehrt zu einer konservativen muslimischen Familie. Er will am Freitag, 4. September, bei der Premiere den Klassiker „Kabale und Liebe“ in die Gegenwart holen. Es geht um die Liebe der beiden jungen Menschen Ferdinand von Walter und Luise Miller. Er kommt aus einer Präsidentenfamilie, sie aus einer konservativen muslimischen Familie. Beide Väter wollen die Verbindung nicht. „Der Konflikt kommt uns vor wie aus dem 18. Jahrhundert, es sei denn, man verlegt ihn in ein konservatives, patriarchalisches Milieu“, erklärt Gehrt.

Helen Wendt spielt Luise Miller.

Vor 15 Jahren hat er das Stück in Dortmund schon einmal inszeniert. Seiner Ansicht nach haben sich die Verhältnisse verschärft. „Die Reibungen sind aktuell. Es gibt Verdächtigungen und Vorurteile in beide Richtung. Das ist ein Einzelfall, aber es gibt Anknüpfungspunkte“, erklärt er. Der Originaltext wurde aber nicht verändert, nur an der ein oder anderen Stelle gekürzt und Referenzen auf die Kirche rausgelassen. „Emotionen in Sprache zu gießen, kann Schiller wie kaum ein anderer. Das ist eine Kunstsprache, keiner hat zu seiner Zeit so gesprochen.“ Passend dazu hat Bühnenbildnerin Gabriele Trinczek einen Kunstraum entworfen. „Es gibt einen Sternenhimmel als Sehnsuchtsmoment für die Liebenden und 90 Stühle“, erklärt sie.

Die Stühle sind alle unterschiedlich, einige gepolstert, einige ohne Polster. „Der Absolutismus als System bricht zusammen, die Stühle stehen für Menschen und ihre Ausrichtung wird sich verändern.“ Die Kostüme sollen die Gegenwart widerspiegeln.

Klassisch in fünf Akten wird das bürgerliche Trauerspiel aufgeführt, das Schiller mit 25 Jahren geschrieben hat. Zu den Hindernissen der beiden Verliebten kommt die Kabale, die Intrige. Die führt zur rasenden Eifersucht. „Der Konflikt beschleunigt sich unglaublich“, sagt Gehrt. Eins macht er deutlich: „Mit dem Autor nehmen wir Partei für die Liebenden ein.“