Haus Lange und Esters Nun gibt es Kaffee im Gartenpavillon hinter Haus Esters
Krefeld · An der Wilhelmshofallee finden die Besucher ab Sonntag noch eine weitere Neuheit: den zweiten Akt der Ausstellung „Anders Wohnen“.
Was waren das für krude Zeiten, als Hannelore Reuen, die gruselige Kunstfigur von Gregor Schneider, im schmuddligen und heruntergekommenen Gartenhaus hinter den Gebäuden des Mies van der Rohe lag und niemand wusste, ob sie lebt oder tot ist. 22 Jahre sind seitdem vergangen, in denen nichts mit den Räumen geschah. Jetzt kommt neues Leben in den Pavillon. Er ist saniert, hat ein kunstvolles Equipment und dient als Kaffeehaus im Park. Morris Patzehki von „Bistro liebevoll“ steht bereit für vegane Häppchen, Kaffee und Kuchen. Das Motto vom „Anders Wohnen“, so die Ausstellungen in Haus Lange und Esters, kehrt sich ins Gegenteil um. Es geht nicht mehr um harte Kost, sondern um die neue Gemütlichkeit.
Ein Geldsegen garantiert den Genuss im Häuschen aus Hellerau
Doch beginnen wir von vorn. Im Bauhaus-Jubiläumsjahr gelang es der Museumschefin Katia Baudin, Fördermittel in Höhe von 100 000 Euro durch die Kunststiftung NRW an Land zu ziehen. Denn zum 30-jährigen Bestehen der Stiftung wurde „Anders Wohnen“ als Jubiläumsprojekt ausgezeichnet. Nun konnte das Gartenhaus revitalisiert werden, das einstige Musterhaus aus Dresden-Hellerau, dem heutigen Weltkulturerbe. Es gehört zu den ersten vorfabrizierten Fertighäusern der Weimarer Zeit. 1923 wurden die Einzelteile an Josef Esters geliefert und vor Ort installiert. Somit stand der Pavillon bereits, als die Bauarbeiten für Haus Esters 1928 einsetzten. Nach dem Krieg, als die Besatzungsmächte die Häuser Lange und Esters selbst nutzten, lebte die Familie Esters im Minihaus und schlief unterm Dach.
Katia Baudin gelang es zugleich, die Familie Melcher ins Boot zu holen. So konnte die amerikanische Künstlerin Andrea Zittel das perfekt sanierte und gestrichene Häuschen möblieren. Tisch, Hocker und ein wunderbarer Teppich, alles in bester Handwerksarbeit gefertigt, gestrichen und gewebt, lassen sich benutzen. Hier kann sich jedermann hinsetzen und freitags, samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr vom Bistro-Chef bedienen lassen.
Gleichzeitig wurde Andreas Schmitten eingeladen, nach alternativen Ideen zu suchen. Der pfiffige Künstler aus Düsseldorf ließ sich das nicht zweimal sagen und begann, den ach so geheiligten Raum von Haus Lange zumindest von außen zu verändern. Er verpasste ihm das Outfit der 1960er-Jahre, als das Ornament noch eine Rolle spielte. Nun gibt es eine farbenfrohe Markise über der nüchternen Ziegelfassade, woraufhin schon die ersten Spaziergänger die Nase rümpften. Denn Schmitten schreckte nicht davor zurück, den Minimalismus aufzupäppeln.
Wind säuselt durch die falschen Gartenmöbel von Schmitten
Gleichzeitig hatte er die Idee, den Betrachtern einen Sturm oder zumindest eine Windböe vorzugaukeln. So baute er per Hand Gartenmöbel, die kaputt und deformiert aussehen. Doch dieser Sperrmüll-Look ist vom Bildhauer in mühseliger Arbeit hergestellt. Das Ganze wirkt die die Romantisierung in der Zerstörung. Die wackeligen Stühle, die schnuckeligen Fähnchen, die Rutsche und all der Kram einer scheinbaren Freizeitidylle wurden gebastelt, gesägt, gebogen und bemalt. Das Ganze hat einen gewissen Charme. Es wirkt wie eine Provokation, die ein leichtes Grinsen erzeugen soll.
Ganz anders Didier Fiuza Faustino. Er nimmt seine Aufgabe bierernst. Als Künstler, der in erster Linie Architekt ist, muss er das vielleicht auch. Er hat ein perfektes Metallgestell gebaut, das mitten im Raum steht. Über die Stangen wirft er Decken. Sie stammen aus verschiedenen internationalen Airlines, die er gesammelt und auch geklaut hat, wie er zugibt. Da er ein Vielflieger ist, hatte er offensichtlich die Chance dazu. Die Decken gibt es in der Regel, damit es sich die Passagiere kuschlig und gemütlich machen können.
In der aktuellen Situation der vielen Flüchtlinge assoziiert man mit wärmenden Decken aber auch jene mobile Gesellschaft, die die Decken benutzt, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben. Ans Fenster klebt Faustino die Worte „Global warming“.
Man kann sie als globales Wärmen oder als globale Erwärmung deuten. Damit noch nicht genug, stellt er Feldbetten über Kreuz in den Garten. Möglicherweise taugen sie für eine Rast in den erzwungenen Migrationsbewegungen.
Vernissage Sonntag, 7. Juli, 11.30 Uhr, Haus Esters, Haus Lange, Wilhelmshofallee 92-97. Die Ausstellung läuft bis 26. Januar, Dienstag bis Sonntag 11-17, Mittwoch bis 21 Uhr. Weitere Informationen gibt es auch unter: