Abend mit bemerkenswerten Melodien
Übliche und weniger übliche Standards gab es bei der letzten Jazzattack im Jazzkeller zu hören.
Stücke des Saxophonisten Wayne Shorter gibt es bei fast jeder Jazz-Session zu hören. Gleich drei sogenannte Standards aus seiner Feder waren es bei der aktuellen Jazzattack im Jazzkeller. Shorter, der sich unter anderem im berühmten Miles-Davis Quintett der 1960er Jahre und als Mitbegründer der Jazz-Rock-Band „Weather Report“ in die Jazzgeschichte einschrieb, hatte ein Händchen für zeitlos moderne Melodien. Die Highlights des Abends stammten allerdings von anderen Komponisten.
E-Bassist Stefan Rademacher hatte die Besetzung zusammengestellt. Den Ausnahmetrompeter Frederik Köster und den Pianisten Simon Seidl hat man in Krefeld in anderen Kontexten schon häufiger erlebt. Besonders Köster hat sich hier seine Fans erspielt. Relativ unbekannt war hier noch der Schlagzeuger Oliver Rehmann, den sollte man jetzt aber auch auf der Beobachtungsliste haben. Er fügte sich nahtlos in dieses starke Ad-hoc-Ensemble ein.
Von Wayne Shorter spielte man die für den Komponisten nicht ganz so typische Ballade „Miyako“, dann die bekannte Uptime-Nummer „Yes or No“, schließlich den Evergreen „Footprints“ als Zugabe. Bei „Footprints“ wurde nicht darauf verzichtet, zwischen Drei- und Viervierteltakt zu wechseln, wie es die Ersteinspielung aus den 1960er Jahren vorgibt.
Natürlich brachten die Musiker die Nummern auf den Punkt, spielten sie wirklich exzellent. Alle lieferten sogenannte amtliche Soli ab — aber vielleicht hat man die Stücke dann doch schon zu oft gehört? Wesentlich frischer wirkte direkt nach der Pause „V“ von Gitarrist John Scofield, das immerhin auch schon aus den 1970er Jahren stammt.
Scofield hat bekanntermaßen auch ein Händchen für bemerkenswerte Melodien, darüber hinaus unterlegt er seine Stücke meist mit auffällig markanten Akkordwechseln. Eigentlich schwer zu begreifen, dass man Scofield-Stücke nicht öfter bei Sessions zu hören bekommt.
„Caravan“, ein Hit von Duke Ellington aus den 1930er Jahren, war dann schon eher erwartbar, aber eben nicht mit diesem lustig hüpfenden Groove, den Rademacher und Rehmann dem Stück unterlegten. Als nach dem sehr vitalen Intro der Rhythmusgruppe Köster das Thema intonierte, gab es im Publikum ein lautes Wiedererkennungs-Ah zu hören. Auch das Altbekannte kann neu wirken, wenn man es frisch arrangiert.
Ausnahmsweise an dieser Stelle kein weiteres Wort zu den Musikern. Die Aussage, dass das insgesamt eine überdurchschnittlich gute Jazzattack-Session mit sehr guten Musikern war, muss einmal genügen. Die Fans wissen, dass sie sich auf das hohe Niveau der Reihe verlassen können.