Ausstellung im Südbahnhof: Die Realität eines Künstlerlebens
Die Ausstellung zeigt die wirtschaftliche Lage Kulturschaffender.
Krefeld. Der schwarze Punkt ist so riesig, dass er nicht ganz aufs Plakat passt. Er symbolisiert die Finanzkraft der öffentlichen Haushalte. Darunter ist ein viel kleinerer Punkt aufgezeichnet — der Kulturetat. Ganz unten schließlich steht ein Punkt, der mit bloßem Auge kaum zu erkennen ist, deshalb ist er vorsichtshalber rot eingekreist. Es handelt sich um das Budget für die freie Tanz- und Theaterszene. Auf sie entfallen nur Bruchteile des Kulturetats, in Krefeld weniger als ein Prozent.
Mit rund einem Dutzend solcher Plakate verdeutlicht eine Ausstellung im Südbahnhof, unter welchen Bedingungen freie Tänzer und Schauspieler in Deutschland leben. Grundlage der visuell originellen Darstellung ist eine wissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2010, der „Report Darstellende Künste“.
Der Verein Werkhaus hat die Wanderausstellung nach Krefeld geholt, der Zeitpunkt ist natürlich kein Zufall. Die jüngsten Diskussionen um Kürzungen im Kulturetat haben die freie Szene sensibilisiert. „Wir möchten damit einen Akzent setzen“, sagt Werkhaus-Chef Georg Dammer. „Der Wahrnehmungswert eines solchen Themas ist zurzeit hoch.“
Wer den Südbahnhof betritt, kommt tatsächlich kaum an den Plakatwänden vorbei: Die Realität eines Künstlerlebens stellt sich einem förmlich in den Weg. Der hohe Grad an Qualifikation — 62 Prozent Akademiker — steht einem Stundenlohn von weniger als fünf Euro gegenüber. Die Lebensleistung wird am Ende für durchschnittlich 447 Euro Rente reichen. Einsam werden die Jahre ohnedies, denn nur 24 Prozent der freien Künstler sind verheiratet, halb so viele wie in der Gesamtbevölkerung. Andere Plakate befassen sich mit der Finanzierung und Förderung von Projekten, der Bezahlung von Frauen oder der sozialen Absicherung.
Nicht alle Fakten sind frei von Fragezeichen oder Verzerrungen, wie das bei Statistiken eben so ist. Doch das Gesamtbild ist eindrucksvoll, es entspricht auch der gefühlten Realität. „Sie ist prekär“, sagt Georg Dammer.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Betroffenen sich selbst für dieses Leben entschieden haben: „Viele wollen so arbeiten, sie haben eine Vision“, sagt Dammer. „Der wirtschaftliche Faktor tritt dabei in den Hintergrund.“ Angesichts dessen hätte die Ausstellung keinen passenderen Titel haben können. Er pendelt irgendwo zwischen Realismus und Ironie: „Brenne und sei dankbar!“.