Ausstellung Zwischen Versprechen und Realität
Krefeld · In der Pförtnerloge der Fabrik Heeder ist ab Samstag, 7. Dezember, das Werk „Staatszirkus“ des Duos Soll zu sehen.
Der Blickfang an der Wand der Pförtnerloge in der Fabrik Heeder ist ein übergroßes Plakat, wie man es aus der Werbung kennt – zumindest im ersten Moment. Zwei Clowns sind zu sehen. Ein lachender und ein vom Schrecken gepackter. Ersterer wirft eine Bombe durchs Bild. „Quittung“ steht darauf. Wem diese gilt? Ungewiss. „Staatszirkus“ prangt darüber. Es ist der Titel des aktuellen Werks des Künstlerduos Soll, das in dem Raum der Fabrik Heeder noch bis Ende Januar zu sehen sein wird. Doch das Plakat ist nur die Hälfte dessen, um was es geht. Da wäre ja auch noch das Miniaturzelt auf dem Boden der Ausstellung, das in seiner Proportion natürlich nicht das darstellt, was es ja eigentlich sein soll.
Ein Zirkus-Programm wird per Tondatei wie auf einer Spielorgel hörbar gemacht. Musik, Applaus, Ansager. 40 Minuten dauert es. Es läuft schon, wenn man die Pförtnerloge betritt. Der Zuschauer kommt quasi immer zu spät. Was auf den ersten Blick ein wenig humorvoll rüberkommt, ist aber natürlich bei näherem Hinsehen ein ernster Hintergrund. Assoziationen kommen einem viele in den Sinn. Welche jedoch den Punkt trifft, das lässt das Duo um Laas Abendroth und Sven Vieweg offen. Es ist in dieser Welt eben oft nichts so wie es scheint. In diesem Fall ein Spannungsfeld zwischen aufgeblähtem Versprechen und kümmerlicher Realität, wie der Miniaturzirkus im Vergleich zur Ankündigung an der Wand.
Die Künstler spielen
mit den Dimensionen
Seit mehreren Jahren bietet die Pförtnerloge schon eine Ausstellung von Künstlern für Künstler. Eine offene Galerie, die von außen einsehbar sein soll, die „en passant“ wahrzunehmen sei. Raumbezogene Kunst heißt das Stichwort, derer sich Vieweg und Abendroth angenommen haben extra für diese Exposition. Die beiden Männer besuchten gemeinsam die Schule in Mülheim an der Ruhr. Seit 1998 konzeptionieren sie zusammen Kunst. „Wir sitzen uns gegenüber, haben das Bild im Kopf. Dann wird es auf das Nötigste finalisiert“, sagt Sven Vieweg über die Herangehensweise und das enge Zusammenspiel.
„Staatszirkus“ soll durch die Verschiebung der Proportionen die Sicht auf Versprechen, Wirkung und Realität verzerren. „Ist der Staatszirkus persönlicher Existenzraum und steckt der Clown als überentwickeltes Ich in einer depressiven Gefühlslage? Gibt ihm der Zirkus noch genügend Raum?“ fragt Soll explizit in seiner Vorstellung. Viele Fragen, die nicht geklärt werden, auch nicht in der Ausstellung selbst. Der Clown bleibt sprachlos. Keine Pointe.
Für das Duo ist es die erste raumbezogene Kunst. „Ein Spiel mit Dimensionen“, wie es Abendroth nennt: „Das Wort Staatszirkus ist ja stark besetzt. Das kann ja gar nicht hier her passen.“ Das Eigentliche, der Zirkus, ist im Gegensatz zum Versprechen, der Werbung, sehr geschrumpft. „Beim Thema Staatszirkus erwartet man ja etwas Riesiges.“ Doch nicht nur diese Verbindung ist möglich. Die eine Botschaft gibt es natürlich nicht. Viele Gedanken sollen sich kreisen um dieses Exponat.
Brigitta Heidtmann, die zusammen mit Claudia Reich die Reihe „Raumbezogene Kunst“ präsentiert, sagt: „Es ist eine ganz andere Position als sonst. Es wirft viele Fragen auf. Zudem bietet es auch eine andere Form des Humors auf den ersten Blick.“ Ihre Kollegin Claudia Reich meint: „Ich mag diesen humorvollen Blick. Es wirkt anfangs ja niedlich. Das dahinter ist dann aber gar nicht mehr so niedlich. Wie passt das Große in das Kleine? Jeder kann sich anregen lassen.“
Los geht es am Samstag um 17 Uhr in der Pförtnerloge. Die Ausstellung schließt am 25. Januar. Dann nimmt der Mönchengladbacher Wolfgang Hahn die Räumlichkeiten ein mit seinem Werk „Stellungsspiel.“