Bach auf Finnisch klingt wie Jazz

Der Pianist Iiro Rantala schreibt die Geschichte des Jazz im Stadttheater mit viel Humor um.

Krefeld. Der Finne liebe das Moll, den Pessimismus, das Dunkle. Iiro Rantala, 1970 in Helsinki geboren, muss es wissen, denn er ist Finne, aber keiner ohne Humor. Im Stadttheater gastierte der Ausnahmepianist jetzt auf Einladung des Jazzklubs und überzeugte mit Vielseitigkeit, Virtuosität und gewitzten Ansagen.

„My History of Jazz“ hat Rantala seine aktuelle CD genannt. Zu seiner Geschichte des Jazz gehöre auf jeden Fall Johann Sebastian Bach, sagt der Finne. Der sei schließlich der erste Jazzmusiker gewesen, habe improvisiert, Variationen geschrieben und sei in kleinen Cafés aufgetreten. So machen das doch auch die heutigen Jazzmusiker.

Das Programm beginnt mit Bach, mit dem Kyrie zur Messe in B-Moll. Später folgt noch die Aria und die erste Goldberg-Variation, letztere in einem respektablen Tempo. Dann improvisiert Rantala noch über die Variation, wobei er mit der Linken schnelle Walking-Bass-Linien spielt — Respekt. Und eine kleine Reminiszenz an den Standard „All The Things You Are“ baut er auch ein.

George Gershwins „Liza“ spielt er im Stil der Entstehungszeit, also als Swing, wobei er das Modern-Jazz-Piano der späten 1940er und frühen 1950er Jahre durchscheinen lässt. Sein eigenes Stück „Americans in Paris“ vereint subtil den Charme des American Song Book mit der Harmonik eines Erik Satie.

Stücke, die eine eigene Handschrift tragen, wie im ersten Set „Thinking About Misty“ und „Freedom“, haben ein wenig den Charakter von Etüden, aber es sind die Etüden eines Virtuosen. Bei „Freedom“ dämpft Rantala die Saiten mit einem Handtuch ab, legt das Klavier gewissermaßen akustisch trocken. Umso mehr beeindruckt hier die Sauberkeit seiner Phrasierung.

Im zweiten Set darf es auch einmal Bebop sei, wobei Rantala Charlie Parkers „Donna Lee“ durch die Begleitung mit Stridebässen teilweise in eine länger zurückliegende Epoche des Jazz versetzt. Etwas zu pathetisch wirkt „Tears For Esbjörn“, dem 2005 bei einem Unfall ums Leben gekommenen Pianisten Esbjörn Svensson gewidmet.

Viel Applaus am Ende für den Finnen, dessen Zeitgenossenschaft sich paradoxerweise darin manifestiert, wie er sich — auf sehr eigenwillige Art — mit der Historie auseinandersetzt.