Deutsches Textilmuseum Krefeld China-Schau für einen Tag?

Krefeld · Neue Ausstellung im Deutschen Textilmuseum wird Sonntag öffnen und Montag vorerst wieder schließen müssen. Und doch gibt es auch gute Neuigkeiten aus dem Linner Haus.

 Isa Fleischmann-Heck, Walter Bruno Brix und Annette Schieck (v.l.) zeigen die Ausstellung „Drachen aus goldenen Fäden“.

Isa Fleischmann-Heck, Walter Bruno Brix und Annette Schieck (v.l.) zeigen die Ausstellung „Drachen aus goldenen Fäden“.

Foto: Ja/Andreas Bischof

Es muss irgendwo einen besonders pedantischen himmlischen Drachen geben, der es ganz genau nimmt und die guten Geister des Deutschen Textilmuseum besonders hart und tüchtig prüfen will, wenn sie sich schon trauen, Abbilder seiner Sippschaft auszustellen. Kurz: Die überwältigend imposante und mehr als extensive neue Ausstellung zu chinesischen Textilien aus der Sammlung des DTMs scheint unter keinen besonders „harmonischen“ Sternen zu stehen. Und natürlich hängt das mit der Corona-Situation zusammen.

Am 1. November ist
der Eintritt kostenlos

So großartig diese Schau kuratiert von Walter Bruno Brix auch gelungen scheint, sowohl inhaltlich, ästhetisch wie auch wissenschaftlich in ihrer Aufarbeitung, so sehr gab und gibt es Hemmnisse. Die zunächst schon für früher, am 11. Oktober, geplante Eröffnung der Schau musste verschoben werden, weil Vitrinen – wahrscheinlich auch eine Folge von Corona – nicht rechtzeitig geliefert werden konnten. Doch das sollte die geringste Sorge sein. Unter verschärften Bedingungen Ende Oktober – man peilte dann den 1. November als Termin an – war an eine „echte“ Eröffnung mit Ehrengästen, Reden und einem gebührenden Fest nach langer schwerer Ausstellungs-Vorbereitungs-Arbeit weniger zu denken.

Und nun, nicht dass all das schon unschön genug sei, müssen nach aktuellem Stand der Lage auch Museen ab Montag, 2. November, ihre Tore zunächst schließen. So die Anordnung, der man folgen muss. Aber Museumsleiterin Annette Schieck, ihre Stellvertreterin Isa Fleischmann-Heck und das gesamte Team des Textilmuseums lassen und ließen sich nicht entmutigen. Das Museum, das natürlich über ein sehr durchdachtes Hygienekonzept verfügt und zudem durch Förderung noch weitere Mittel in die Verbesserung der Lage investieren konnte, wird zwar wie angeordnet ab Montag schließen, aber dennoch am Sonntag, 1. November, die Schau eröffnen. Besser gesagt: Einfach öffnen, denn an eine „Eröffnung“, ist, wie gesagt, nicht zu denken.

Einen ganzen Tag, ab 11 Uhr, zu den regulären Öffnungszeiten bis 17 Uhr, können Besucher die um die 120 Exponate bewundern und sich in die Welt der kunstvoll gefügten chinesischen Gewänder und tatsächlich noch viel, viel mehr, entführen lassen. Und das bei freiem Eintritt – mit der Bitte, sich möglichst „über den ganzen Tag zu verteilen“, dass es nicht zu Enpässen kommt.

Aber hiermit ist es noch nicht Schluss mit den, trotz der unschönen Umstände, dann doch guten Nachrichten. Und, dass die Ausstellung zumindest erstmal für einen Tag aufmachen kann, ist unter den doch erdrückenden Bedingungen schon eine sehr gute Nachricht; und der Lichtstrahl am Horizont, alsbald wieder öffnen zu dürfen, tröstet gewiss über den dunklen und trostlosen November hinweg. Umso bunter und glänzender sind ja die Exponate, die man sich in Form von Postkarten und hübschen Begleitmaterial nach Hause nehmen kann. Der umfassende Katalog erscheint zeitnah, wird somit wohl bei Wiedereröffnung zweifelsfrei verfügbar sein. Aber auch schon vorher vielleicht, nach Anfrage, können sich die guten Geister des Museums vorstellen, Interessierten – quasi außer der Reihe an der Türe – Kataloge zu verkaufen. Mal sehen; an guten Ideen mangelt es nicht.

Und damit wären wir bei den wirklich guten Neuigkeiten, die emphatisch auch über Corona hinweg die Zukunft des Deutschen Textilmuseums betreffen. Sehr lange sehnte man sich als Besucher oder auch lediglich als jemand, der sich über Ausstellungen oder das Museum an sich informieren wollte, nach einer eigenen Webseite des Museums. Die Situation quasi als „Fachbereich“ auf der suboptimal geeigneten übergroß-aufgeblähten Webseite der Stadt Krefeld unter „ferner liefen“ zu vegetieren, war mehr als unbefriedigend, wohl sowohl für die Nutzer als auch für das Museum selbst. Das Kurzerhand das Problem in die Hand nahm und zwischenzeitlich sogar einen Instagram-Kanal betreibt. Die eigene Webseite (deutschestextilmuseum.de) kommt nun, wahrscheinlich auch angetrieben durch die Digitalisierungswut durch Corona, die hier aber eher schöne Früchte zeitigt. Sie wird am Sonntag, zeitgleich mit der Öffnung der Ausstellung „Drachen aus goldenen Fäden“, freigeschaltet.

Dass nun das DTM endlich auch online ein eigenes Gesicht haben darf, mit gebündelten ansprechend gestalteten Informationen, passt ins Bild einer ohnehin sich zeigenden allgemeinen Entwicklung. Immerhin kündigte das Kulturbüro Krefeld gegenüber unserer Zeitung an, dass sie endlich auch eine eigene Webseite erhalten werden – allerdings wohl erst innerhalb der nächsten 12 Monate. Nun, das DTM jedoch hat ab Sonntag eine eigene Webpräsenz.

Und noch mehr mediales Begleitprogramm, etwas was bei Museen weltweit eigentlich inzwischen durchweg zum Standard gehören muss, gibt es anzukündigen. Denn es gibt auch einen Film, der über die Webseite abrufbar sein wird, der einen Blick Backstage gewährt – übrigens auch eine schöne Tendenz, die in vielen Museen inzwischen zum guten Ton gehört. Wenn man es schon nicht wirklich „live“ machen kann, so ist eben der beste Weg, etwa den Aufbau einer Ausstellung zu zeigen und zu erklären, ihn filmisch dem Publikum zur Verfügung zu stellen. Dies geschieht nun hier in Zusammenarbeit mit dem auf diesem Gebiet erfahrenen Team des Presseamtes der Stadt Krefeld. Der Film ist ab neun Uhr am 1. Oktober auf dem Youtube-Kanal der Stadt freigeschaltet.

Und sie fragen sich, was die Ausstellung eigentlich für Geheimnisse birgt? Was es unter anderem mit sündhaft teuren Schuhen, chinesischen Leichentüchern, Operngewändern und so manchem weltweit einzigartigen Schatz aus der Welt chinesischer Textilien auf sich hat; das alles berichten wir in einer gesonderten ausführlichen Ausstellungsbesprechung. Sozusagen als Überbrückung für die „geschlossene“ Zeit in den nächsten Wochen.