Literatur in Krefeld Das Erleben der Zeit als roter Faden

Krefeld · Lesereihe Westwerk des Niederrheinischen Literaturhauses machte mit Thea Mengeler und Simone Atangano Bekono Station im Südbahnhof.

Thea Mengeler (l.) und Simone Atangana Bekono waren am Dienstagabend im Südbahnhof zu Gast.

Foto: Andreas Bischof

Die Lesereihe Westwerk machte am Dienstagabend Station im Südbahnhof. In Kooperation mit dem Werkhaus veranstaltete das Niederrheinische Literaturhaus mit den Romanen von Thea Mengeler („Nach den Fähren“) und Simone Atangana Bekono („Salomés Zorn“) eine Doppellesung und ein Gespräch. Als Moderatorin führte Marlene Jäger durch den zweisprachigen Abend.

Gleich zu Beginn teilt sie dem Publikum mit, dass sie den Fokus auf das Gespräch legen wolle. Dies sollte für die Veranstaltung bedeuten, dass über die Vorgehensweisen der beiden Autorinnen, die Auswahl der Protagonisten sowie mit ihnen verbundenen Themen, die stilistischen Mittel und andere relevante Aspekt gesprochen wurde und dies gleichzeitig auch im Vergleich der beiden Bücher. Das Publikum erwartet also ein „Literaturseminar“, ohne dass es mit der zugrunde liegenden Literatur, bis auf eine kleine Fangemeinde von Mengeler, vertraut ist. Nach einer kurzen Vorstellung der beiden Autorinnen fasst sie schon einmal einige Gemeinsamkeiten der beiden Bücher zusammen, wie die Themen Isolation, Selbstermächtigung und die Darstellung der Zeit. „Weshalb habt Ihr Zeit und Ort so gewählt?“

Mengeler erklärt: „Ich habe bewusst die Zeit offengelassen, auf Zeit und Räume verzichtet, die meisten Figuren haben auch keinen Namen.“ Bekono lässt dagegen ihre Handlungen bewusst außerhalb eines städtischen Zentrums spielen, weil ihr der ländliche Raum und die Einstellungen der Bewohner dort als Hintergrund wichtig sind. Auch einen konkreten Zeitraum nennt sie.

Beide Geschichten fangen mit einem wichtigen Ereignis an

„Die Geschichten fangen beide nach einem wichtigen Event an“, sagt Jäger. Im aussagekräftigen Titel des Romans „Nach den Fähren“ ist es ein oder das Ende der Fährverbindungen zu einer Urlauberinsel, in „Salomés Zorn“ ist es der Haftantritt der jungen Protagonistin.

Für beide recht unterschiedliche Situationen wird das Erleben der Zeit zu einem wichtigen Thema, zu einem roten Faden, der sich durch die Geschichten zieht. Hier ist es die Langeweile der Inselbewohner, denen mit den Touristen auch ihre Arbeit, viele Kontakte, ihr Alltag verloren gehen. Eine Langsamkeit schleicht sich ein sowie das Abebben von Handlungen. Für Salomé findet die Isolation in der Jugendstrafanstalt statt. Ihr bleibt nur die Freiheit der Erinnerungen und der Gedanken an ihre Zukunft.

Die Erinnerungen kann man wohl als ein weiteres Leitmotiv durch beide Romane bezeichnen – auf der verwaisten Urlauberinsel wandeln sie sich von einem verklärten Blick auf die Vergangenheit der Destination zu einem weniger positiven. Salomé kann erst in der Isolation der Haft Erinnerungen aufkommen lassen.

Die rund 40 Minuten dauernde Gesprächsrunde auf der Bühne schließt die Moderatorin mit der Frage ab, was die Autorinnen an den Situationen in ihren Büchern besonders interessierte. Jetzt kann eine Lesung starten und nach so viel Vorbereitung ist es dem Publikum endlich möglich, selber einen Eindruck vom Vorgehen der Autorinnen zu bekommen, wie sie mit den Situationen ihrer Hauptfiguren umgehen, wie sich beispielsweise die Monotonie und Langeweile in deren Leben in ihren Texten widerspiegeln. Doch erst mit Selberlesen wird es möglich werden, das Lob von Thomas Hoeps, Leiter des Niederrheinischen Literaturhauses, über die Bücher nachzuvollziehen: „Das sind schon zwei Highlights des Jahres.“