Der Galerist der Menschenaffen

Heinz Hachel ist Kunstvermittler - nicht nur von Bildern und Skulpturen aus Händen der Spezies Homo sapiens, sondern auch aus denen von Orang Utans.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Es gibt Hoffnung auf mindestens eine Nachwuchskünstlerin. Zarte Wachsmalstift-Züge auf Papier sind ein Zeugnis der ersten Schritte eines möglichen neuen Talents. Noch ist die Strichführung etwas zögerlich, aber Sungai ist ja auch erst zehn Jahre alt. Heinz Hachel ist auf jeden Fall schon sehr gespannt, ob die Tochter von Orang-Utan-Dame Lea womöglich eine Erbin des bisher größten Affenmalers im Krefelder Zoo werden könnte.

Nachdem Barito im vergangenen Sommer nach Frankreich ausgewandert war und sich dort seitdem vor allem der Familienplanung hingibt, liegen zwar noch einige Werke im Lager des Düsseldorfer Kunstvermittlers. „Aber es wäre schade, wenn wir keinen weiteren Affen für die Malerei begeistern könnten“, sagt der 56-Jährige.

Die Versuche der Fachfrau für kreatives Enrichment, also für die Beschäftigung von Tieren unter anderem in Zoos, Christine Peter, nach den Malern Sandra, Sita, Tilda und Barito wieder einen Bewohner des Krefelder Affenhauses für Farbe und Leinwand zu begeistern, beobachtet Hachel mit Spannung. „Vor allem bei einem jungen Tiere wäre es sicher interessant, zu sehen, wie es sich im Erwachsenwerden entwickelt“, sagt der gelernte Werbekaufmann und diplomierte Sozialwissenschaftler, der sich nach einigen Jahren als Berater in einer Internet-Agentur als Kunstvermittler selbstständig gemacht hat.

Zu seinem Stamm von Künstlern, deren Werke er vermietet oder verkauft, gehören zwölf Düsseldorfer, zu seinen Kunden zählt er Stiftungen, Sammler und Privatleute. Affenkunst vermarktet er seit 2007 gemeinsam mit dem Zoo. Als er damals mit der Idee in Krefeld anfragte, hatte Christine Peters zufällig gerade mit einem solchen Projekt begonnen.

Seitdem wurden fast 300 Bilder veräußert — für ihn sei seine Provision „gerade kostendeckend, sagt Hachel. Die Preise liegen zwischen 160 und 240 Euro. Das teuerste jemals verkaufte Exemplar brachte 850 Euro. „Das war ganz zu Beginn, als die Idee noch einen Neuigkeitswert in der Region hatte“, so Hachel.

Unter den Käufern sind Künstler, Sammler und Kunstprofessoren, aber auch Verhaltensforscher, Biologen, Ethnologen, Tierfreunde und Menschen auf der Suche nach einem ungewöhnlichen Geschenk. Als größter Verkauf en bloc gingen 24 Affen-Werke vor etwa fünf Jahren an Murderme Ltd., eine Kunstsammlung, die von Damien Hirst mitgegründet wurde.

Über Kundennamen spricht Hachel ansonsten eigentlich nicht. Gerade erst hätten auf jeden Fall die Vorsitzende eines Kunstvereins und eine Bildhauerin aus der Region schöne Stücke erworben. „Ich glaube, das Schöne an der Affenkunst ist für die Menschen, das sie glauben, einen Blick auf die Wurzeln menschlicher Kreativität werfen zu können“, sagt Hachel, der selbst ein Barito-Acrylbild „mit einer Mischung aus Chaos und fast schon grafischer Struktur“ in seinem Wohnzimmer hängen hat.

Die Frage, ob es sich bei dem, was die Menschenaffen zustande brächten, um Kunst handle, werde sehr unterschiedlich gesehen. „Wir selbst würden nie behaupten, dass es Kunst ist“, sagt Hachel, „dazu fehlt es an der Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich, mit der Gesellschaft — die Affen sind spielerisch und nicht reflektorisch beim Malen.“ Aber es gebe auch Forscher, die bei den Menschenaffen einen großen Trieb sehen, sich auf diese Weise auszudrücken. „Auf jeden Fall haben die Bilder eine rudimentäre Ästhetik“, sagt Hachel. Die Resonanz auch unter Künstlern sei überwiegend positiv. Nur in wenigen Fällen habe es Kritik gegeben. „Da fühlten sich Künstler in einer Konkurrenzsituation.“

Besonderen Spaß machte Hachel eine augenzwinkernde Bewertung des Barito-Werks 0116 durch den Kunstkritierk Jean-Marie Gallais: „Auf den ersten Blick steht dieses Gemälde am Übergang zwischen expressionistischer Macht und Tiefe und erstaunlicher Geschwindigkeit in der Gestik — fast opportunistisch. Es positioniert sich zwischen einer lyrischen Abstraktion, die ihre Wurzeln in den 50er-Jahren hat, und dem Ausdruck eines spontanen tierischen Wesens.“