Die Männer, die nicht mehr singen

Nach 84 Jahren ist Schluss für den Chor der Edelstahlwerke. Die Sänger werden finanziell nicht mehr unterstützt. Keine Auftritte mehr.

Der Thyssen-Krupp-Nirosta-Chor Krefeld 1933, kurz TKN-Chor genannt, löst sich Ende Dezember auf. Eine Feier zum 85-jährigen Bestehen wird im kommenden Jahr nicht mehr stattfinden. „Dann ist Schluss“, sagen die Vorstandsmitglieder Lothar Hartmann und Klaus Conrads mit Bedauern. Das endgültige Aus liegt nicht am Mitgliederschwund, den auch ein traditioneller Chor wie der Werkschor von Nirosta verzeichnet. Mit der Übernahme des Edelstahlwerks durch Outokumpu wurde dem Chor die finanzielle Unterstützung gestrichen.

Foto: Dirk Jochmann

Klaus Conrads gehört dem Chor seit 1975 an

Im März 2016 erhielt Lothar Hartmann den Brief, in dem die Geschäftsführung des finnischen Werkstoffunternehmens Outokumpu Oyj ihm mitteilte, die finanzielle Förderung „zumindest temporär“ einstellen zu müssen. „Die wirtschaftliche Lage wurde als Grund angegeben“, sagt Lothar Hartmann. „Man wollte über ein weiteres Sponsoring nachdenken, aber eineinhalb Jahre später läuft die Förderung jetzt aus. Unsere Versuche, den Chor zu retten, scheiterten alle schon im Vorzimmer.“

Ob Thyssen, Krupp oder Nirosta — das Krefelder Edelstahlwerk stand schon unter verschiedenen Leitungen. Um die finanzielle Unterstützung musste sich der Chor, der 1933 mit einer Männerrunde in der Gaststätte „Et Bröckske“ begann, nie Sorgen machen. „Bei Chorreisen übernahm die Firma die Buskosten und der Chorleiter erhielt eine monatliche Zuwendung von 450 Euro“, sagt Hans Vohwinkel. 57 Jahre lang sang der 84-Jährige in dem TKN-Chor, er organisierte die Tourfahrten und pflegte den Kontakt zur Firmenleitung.

An mehr als 2000 Veranstaltungen nahm der Chor teil. Der Terminkalender war gut gefüllt. „Wir eröffneten Betriebsversammlungen und Jubilarehrungen, gaben große Konzerte im Frühjahr und Herbst und sangen in den schönsten Kirchen Deutschlands und der Nachbarländer“, sagt Klaus Conrads, der seit 1975 dem Chor angehört. „Jetzt geht eine musikalische Ära zu Ende und ein Stück Kultur verloren.“

Der letzte Vorhang ist nach einem Auftritt am 16. Dezember im Willicher Altenheim Moosheide gefallen. Gemeinsam mit dem Männergesangsverein Liederkranz 1864 Willich war der Chor dann noch einmal zu hören sein und hat sich von seinem Publikum verabschiedet. „Wir bedanken uns bei allen Sängern sowie den Gönnern und Förderern für ihre Treue“, sagt Lothar Hartmann.