Bauhaus-Serie Bauhaus-Stil gewann Einfluss in der ganzen Welt

Krefeld. · Serie Die Nationalsozialisten wollten die Idee vernichten. Ungewollt sorgten sie aber für ihre internationale Verbreitung.

Sitzende mit Bühnenmaske von Oskar Schlemmer im sogenannten Freischwinger-Stahlrohrsessel von Marcel Breuer, um 1926. Eine Ausstellung vom 6. September 2019 bis zum 27. Januar 2020 in der Berlinischen Galerie zeigt im Jubiläumsjahr „100 Jahre Bauhaus“ bekannte und vergessene Bauhaus-Originale und erzählt die Geschichte hinter den Objekten.  

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Die Politik in Deutschland setzte allen guten Vorsätzen ein vorzeitiges Ende. Die neuen Machthaber leiteten den Prozess ein, der sich bis 1935 hinziehen sollte. Das Hauptinteresse galt der Vernichtung der Bauhaus-Idee. So wurde vor dem Versand der Umzugs-Kisten aus Dessau heimlich Belastungsmaterial in die Kisten gegeben, die dem Nachweis eines „bolschewistischen Institutes“ dienen sollten. In einer vor der Presse inszenierten Durchsuchung durch die Gestapo wurde das Bauhaus dann als Keimzelle des Bolschewismus dargestellt.

Im Jahre 1932 hatte der letzte Bauhaus-Direktor Ludwig Mies van der Rohe den Sitz nach Berlin verlegt. Eine letzte Lagebesprechung gab es 1933 im Atelier von Lilly Reich in Berlin. Kurze Zeit später, 1933, fanden Hausdurchsuchungen und Repressalien statt. Die Räume wurden versiegelt und die Studenten teilweise verhaftet.

Nach der erzwungenen Auflösung emigrierten viele Mitglieder

Die erzwungene Selbstauflösung trug zur internationalen Verbreitung des Bauhauses bei. Viele Mitglieder emigrierten. Wo sind sie geblieben? Die Zeitschrift Bauwelt warnte noch alle Russlandfahrer: In den letzten Jahren hätten sich die Verhältnisse in Stalins Reich zugespitzt.

Einer der bekanntesten Bauhäusler, der in Russland sein Glück versuchte, war der Holländer Mart Stam. Auch eine Reihe der Frankfurter Architekten um Ernst May und Margarete Schütte-Lihotzky, die Erfinderin der berühmten Frankfurter Küche, dachten, sie würden von den Bolschewisten mit offenen Armen empfangen. Weit gefehlt, wie man heute weiß.

Die nach Israel emigrierten jüdischen Bauhaus-Architekten errichteten in den 1930er Jahren in Tel Aviv über 4000 Gebäude. Die „Weiße Siedlung“ wurde 2003 zum UNESCO-Weltkulturerbe mit der weltweit größten Ansammlung von Häusern im Bauhaus-Stil erhoben. 2008 errichtete man vor Ort ein Bauhaus-Museum.

Verschandelung der Fassaden durch Bauernkarren

Tragikomisch wirken auf den Besucher vor Ort heute die teilweise Verschandlungen der Fassaden durch bäuerliche Accessoires: Bauernkarren im Vorgarten, alte Wagenräder, schmiedeeiserne Figuren auf den großzügigen Freiflächen. Ein Jammer, aber reparabel.

Es darf auch nicht verschwiegen werden, dass einige Bauhausschüler, die dem nüchternen Funktionalismus gefolgt waren, am Bau des Konzentrationslagers Auschwitz beteiligt waren.

Viele der Protagonisten des Bauhauses, wie Josef Albers, Walter Gropius, László Moholy-Nagy, Herbert Bayer und Ludwig Mies van der Rohe, zog es in die USA. Schon bald wurde der Einfluss an den dortigen Hochschulen deutlich. Besonders in der Architektur setzte sich die Bauhaus-Pädagogik rasch durch. Aber auch das Produkt- und Kommunikationsdesign profitierte mächtig von den Lehrsätzen des Bauhauses. Walter Gropius wurde sehr bald Professor für „Graduate School of Design“an der Harvard Universität. Und László Moholy-Nagy begann ab 1937 das Bauhaus-Konzept im amerikanischen Exil als ‚New Bauhaus‘ in Chicago, heute IIT Institute of Design, aufzubauen. Mit Erfolg, wie man weiß.

In Deutschland entstand nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 1953 die berühmte Hochschule für Gestaltung in Ulm. Gründer war der Schweizer Bauhausschüler Max Bill, der der Hochschule das sachliche Gepräge gab und besonderen Wert auf Typografie und Grafik legte.

Zu Beginn der 1960er Jahre wurden erste Bauhaus-Ausstellungen gezeigt. In Darmstadt und Berlin reiften unterdessen Pläne für ein Bauhaus-Archiv. Auf einem Berlin-Besuch gelang es dem ehemaligen Bauhaus-Direktor Walter Gropius, die Stadt für ein Bauhaus-Archiv zu gewinnen. Das Archiv in Berlin-Tiergarten sammelt seitdem Arbeiten und macht sie dem Publikum zugänglich. Wegen Umbauarbeiten ist das Museum allerdings bis 2022 leider geschlossen.

Anfang der 1970er-Jahre kamen eine Reihe von Möbeln und Gebrauchsobjekten als lizenzierte Reeditionen auf den Markt, die bis heute die Vorstellung eines einheitlichen Bauhausstils prägen. Ein charakteristisches Beispiel ist der sogenannte Freischwinger von Marcel Breuer.