Krefeld Die Suche nach Perfektion und Schönheit

Der Choreograph Emanuele Soavi spricht über sein Stück „Aurea“ am Mittwoch in der Fabrik Heeder, die Zusammenarbeit mit Susanne Linke, einem Idol aus Kindertagen, und seine Beziehung zu Krefeld.

Foto: Joris-Jan Bos

Krefeld. Die Emanuele Soavi Incompany aus Köln zeigt in Zusammenarbeit mit Susanne Linke beim „Move — Krefelder Tage für modernen Tanz“ am morgigen Mittwoch, 11. November, um 20 Uhr auf der Studiobühne I das Stück „Aurea“. Thomas Wansing spielt dazu live Bachs „Wohltemperiertes Klavier“. Eine Einführung durch die Compagnie findet bereits um 19.30 Uhr in der Fabrik Heeder an der Virchowstraße 130 statt.

Herr Soavi, was erwartet die Besucher Ihrer Chorographie am Mittwoch?

Emanuele Soavi: Aurea ist ein Stück über die Sehnsucht des Menschen nach Perfektion und Schönheit. Man kann sozusagen einem Prozess der Menschwerdung beiwohnen. Wie Phönix aus der Asche erwacht er nach einem langen Schlaf, wird zunehmend menschlich, nimmt wahr, fühlt. Man könnte sagen, seine Evolution transformiert den Raum, Ordnung ersetzt das Chaos.

Wie wird das vermittelt?

Emanuele Soavi: Dafür haben Susanne Linke und ich eine Bewegungssprache entwickelt, die Susannes Fokus auf Klarheit und Minimalismus in der Bewegung mit meiner sehr tänzerisch-emotionalen Herangehensweise verbindet.

Als Inspiration dienten die ersten Zeilen des Alten Testaments, warum?

Emanuele Soavi: Meine Idee war es, dieses Stück an einem Nullpunkt zu beginnen und dafür eine Situation zu finden, aus der sich alles heraus entwickeln kann. Und eigentlich hat dieser Text „Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe. . .“ uns zu dem Bild, aber auch zu dem alles bestimmenden Element beziehungsweise Requisit in dieser Aufführung geführt. Und das ist das schwarz-goldene Papier, das die Erde oder die Asche symbolisiert.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Susanne Linke?

Emanuele Soavi: Ich habe mit diesem Projekt einen mehrjährigen Zyklus gestartet, in dem ich mit nationalen und internationalen Künstlern aller Sparten in einen Dialog trete und gemeinsame Stücke erarbeite. Und für den Auftakt war für mich klar, dass es Susanne Linke sein musste, die seit meinen Kindertagen in Italien ein Idol, vor allem auch als Solotänzerin in ihren eigenen Stücken, für mich war. Und um es kurz zu machen. Ich fragte sie und sie sagte: Ja!

Ergänzen Sie sich oder arbeiten Sie sehr gegensätzlich?

Emanuele Soavi: Erst mal muss ich sagen, es war eine großartige Zusammenarbeit, bei der eine künstlerische und menschliche Nähe entstand, die ich so nie erwartet hätte. Aber natürlich sind wir erst mal gegensätzlich. Susanne ist Teil einer anderen Generation von Choreographen. Sie ist deutsch, ich bin Italiener. Aber wir haben sehr schnell sowohl verbal als auch nonverbal eine Kommunikation und eine sehr effiziente Arbeitsweise gefunden.

Sie haben Ihre Ausbildung in Italien an Tanz- und Ballettcompagnien gemacht. Wieso haben Sie Ihre Compagnie in Köln gegründet?

Emanuele Soavi: Bereits 1998 hatte ich mein erstes Engagement in Deutschland als Tänzer beim Ballett Dortmund. Danach ging ich für fünf Jahre zu „Introdans“ nach Holland, wo ich auch begann, erste Choreographien zu entwickeln. Daraus ergaben sich Arbeiten für Theater in NRW, wie Aachen, Dortmund oder Duisburg. So war es für mich folgerichtig, mich hier als freier Choreograph niederzulassen. Von der Stadt Köln wurde ich mittlerweile für eine mehrjährige Förderung ausgewählt und erhielt dort 2011 den Kölner Darstellerpreis. Auch Aurea ist für den diesjährigen Tanzpreis nominiert. Sie sehen, es gibt viele Gründe für mich, hier zu sein.

Wenn Sie Ihre Choreographie in einem Satz beschreiben müssten, wie würde der lauten?

Emanuele Soavi: Eine Kritikerin beschrieb das Stück als „ein langer, konsequenter Gang zur Freiheit, zum Bewusstsein“. Und ich glaube, das trifft es schon sehr gut.

Wie kam es zu Ihrer Teilnahme an Move?

Emanuele Soavi: 2013 wurde ich vom Kulturbüro Krefeld mit meinem Solo BlackBirdBoy im Rahmen des Festivals „tanz nrw“ eingeladen und der Erfolg mag die Veranstalter bewogen haben, mich wieder einzuladen.

Thomas Wansing wird Bach spielen, warum gerade Bach?

Emanuele Soavi: Die Musik Bachs hat eine sehr zeitgenössische Konzeption, sie sucht und findet durch ihre mathematische Struktur Schönheit in der perfekten Ordnung. Variation, Kontrapunkt, Modulation führen den Zuhörer in eine Welt, in der Rationalität und Gefühl Form erhalten. All das gibt unserem inhaltlichen Konzept und der Choreographie eine ideale Basis.

Ist es eine spezielle Herausforderung zu Live-Musik zu tanzen?

Emanuele Soavi: Es eröffnen sich so feinst abgestimmte Interaktionsmöglichkeiten zwischen Pianist und Tänzer. Thomas Wansing improvisiert auf einer Französischen Suite, das heißt, die Musik entstand gemeinsam mit der Choreographie. So ergibt sich eine musikalisch-tänzerisch-darstellerische Einheit, die mit einer CD niemals möglich wäre.

Tanzen Sie selbst?

Emanuele Soavi: Ja, ich bin der Solo-Tänzer.