Ein Ausflug in die Römerzeit

120 Wissenschaftler sowie Experten für Geologie, Zoologie und Botanik sind bei der archäologischen Tagung in der Museumsscheune zu Gast.

Als Mitveranstalterin der archäologischen Tagung konnte die Leiterin des Museums Burg Linn sehr zufrieden sein. „Hier hatten wir das Who-is-who der provinzialrömischen Archäologie,“ sagt Jennifer Morscheiser. 120 Wissenschaftler, zum einen aus der Vorgeschichtsforschung, zum anderen aus der Archäologie der römischen Provinz in Linn waren zu Gast. Aber auch Experten für Geologie, Zoologie und Botanik weit zurückliegender Zeiten waren mit von der Partie. „Römische Netzwerke im Westen II. Späte Latènezeit und römische Archäologie zwischen Mosel, Mass und Rhein. Konzepte der Landnutzung und Identitäten in der Zeit des Übergangs“ lautete das Thema der internationalen Tagung.

Ein Ausflug in die Römerzeit
Foto: Marcel Zanjani

Die Teilnehmer kamen aus verschiedenen deutschen Regionen — „sogar Westfalen, die es über den Rhein geschafft haben“, meint Morscheiser schmunzelnd. Weitere Anreisen hatte man aus den Niederlanden, Luxemburg, Belgien, Frankreich und sogar Großbritannien. Gemeinsam mit dem LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland (Sitz in Bonn) und den Universitäten Köln und Saarbrücken wurde die Veranstaltung in der Museumsscheune durchgeführt. 27 Vorträge in deutscher und englischer Sprache beleuchteten das Thema. Darin beschäftigten sich die Teilnehmer mit dem kulturellen, demographischen und ökonomischen Wandel am Übergang von der Eisen- zur Römerzeit an beiden Ufern des Rheins.

Ein weiterer Aspekt war die Landnutzung zur Römerzeit, bei der Unterschiede zwischen den geographischen Räumen des unteren Niederrheins und den Lössbörden des Rheinlands herausgestellt wurden. Interessantes ergab sich dabei durch die Technik der Isotopenanalyse. Fragen wie beispielsweise „Wo wurde das Vieh gehalten, das verzehrt wurde? Was wuchs wo?“ können Archäologen damit beantworten. So lässt sich nachweisen, dass die römischen Truppen im Rheinland auch durch Importe versorgt wurden und nicht nur mit den Lebensmitteln, die man in der Provinz Niedergermanien im Schatten der Legionslager produzierte.

Zudem gab es neue Forschungsergebnisse, wie sich die Versorgungsinfrastruktur entwickelte, wie man auf das beachtliche Bevölkerungswachstum im Rheinland reagierte und wie die Siedlungen aussahen — zwischen römischer Villenlandschaft und niederrheinischen Wohnstallhäusern. Ein schwieriges Thema hatte man sich mit der Frage nach den Identitäten, der Selbstwahrnehmung der Menschen vor rund 2000 Jahren gestellt. Überlegungen zu Siedlungs- und Grabfunden im südlichen Hessen lieferten Aspekte, aber auch „Immigranten im niederländischen Flussbereich“ hatte man im Fokus. Migration — private wie staatlich verordnete — war für die Römer schließlich Alltag im gesamten Imperium.

Doch nicht allein die Präsentation und Diskussion neuer Forschungsergebnisse waren der Zweck dieser Tagung. „Es ging auch darum, ein Netzwerk zu schaffen, um die Chancen und Möglichkeiten gemeinsamer Forschungsperspektiven auszuloten,“ sagte Marion Brüggler vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege. Europaweit sollen die Forschungen zum Geschehen in den römischen Provinzen koordiniert, Experten zusammengebracht und Kompetenzen gebündelt werden — eine Aufgabe für den nächsten Jahrzehnte. Ein solches internationales Großforschungsprojekt habe gute Aussichten, auch eine entsprechende finanzielle Förderung zu finden..

Für die Linner Museumsleiterin geht es aber nicht nur um die Erforschung der provinzialrömischen Geschichte, sondern auch um die Anwendung der Ergebnisse im Museum, den pädagogischen Auftrag. Spannende neue Einblicke rund um Gelduba für Führungen oder Römer-Workshops dürfen erwartet werden.